Gegen die Verklärung Erdogans und seiner angestrebten Präsidialdiktatur in Österreichs Kinos!
Während Erdogans Ankündigung, in Europa die Werbetrommel für seinen Umbau der Türkei in eine – verharmlosend „Präsidialsystem“ genannte – Präsidialdiktatur rühren zu wollen, die Wogen hoch gehen lässt, zieht pünktlich zum bevorstehenden Referendum, parallel mit dem Wahlkampfstart der AKP ein verklärender Propaganda-Film in die Kinos ein.
Das Machwerk „Reis“ (was soviel wie „Chef“ oder „Boss“ bedeutet und eine Bezeichnung der Anhänger des „neuen Sultans von Ankara“ für ihren Führer ist) stellt eine einzige Verklärung und Hommage dar, die den Diktator vom Bosporus als „Freund des Volkes“ zeigen sollen und seinem Präsidial-Projekt propagandistisch Vorschub leisten.
Um diesen Umbau zu erreichen hatte Erdogan das Land nach seiner Wahlniederlage im Juni 2015 unter einer erneuerten ideologischen türkisch-islamischen Synthese in einen nationalistisch-chauvinistischen Taumel gejagt, seinen schmutzigen Krieg gegen Kurdistan, die kurdische Befreiungsbewegung und türkische Linke entfesselt, der Presse, den religiösen Minderheiten und jeglicher Opposition den Krieg erklärt, und einen faktischen Ausnahmezustand über das Land verhängt. Nach dem Putschversuch seitens Teilen des Militärs im Juli 2016, und die Gunst der Stunde als „Geschenk Gottes“ nutzend, verhängte der türkische Präsident darauf auch formal den Ausnahmezustand über das gesamte Land und begann, flankiert um eine teilweise Aussetzung der EMRK, eine drakonische Säuberungskampagne und Repressionswelle. Tausende fielen dem Staatsterror seither zum Opfer. Hunderttausende wurden vertrieben bzw. sind auf der Flucht. Über Hunderttausend Andersdenkende wurden seither aus dem Staatsdienst entfernt. Zehntausende sitzen in den Gefängnissen ein. Ganze Städte und Stadtteile wurden regelrecht dem Erdboden gleichgemacht. Missliebige Medien wurden einfach dicht gemacht, der Rest gleichgeschaltet. Tausende JournalistInnen verloren ihren Job oder wurden überhaupt inhaftiert und in Farce-Prozessen verurteilt. Andersdenkende aller Couleur sind für vogelfrei erklärt. Und mit dem Coup gegen die linke pro-kurdische HDP hat sich der Gebieter auf dem Staatspräsidenten-Thron auch noch der letzten parlamentarischen Barriere seines Präsidial-Projekts entledigt.
Für den jetzt anlaufenden Kinofilm „Reis“ bildet all dies reine Makulatur. Bezeichnend für den Plot unter der Regie von Hüdaverdi Yavuz, bisher für das Staatsfernsehen TRT tätig, ist vielmehr die bizarre und erschreckende Abschlussszene mit Erdogans bekannter Rezitation jenes Gedichts, das zugleich sein unmissverständliches politische Credo ausdrückt: „Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind.“ 1999 hierfür wegen Volksverhetzung verurteilt, soll die damalige Prophezeiung nun in Erfüllung gehen.
Und in der Tat würde das türkische Präsidialregime, das in seiner institutionellen Ausgestaltung keineswegs mit den präsidialen Systemen in Europa oder den USA vergleichbar ist, schlicht eine erneute Institutionalisierung des Faschismus bedeuten. Faktisch nimmt Erdogan die neue Verfassung bereits vorweg und regiert mittels Notstandsverordnung und Dekret. Die zentralen politischen und bürgerlichen Grundrechte wurden suspendiert. „Ein Präsidialsystem (kann)“, so Erdogan zurückliegend selbst, „sehr gut bestehen. Es gibt … auch Beispiele in der Geschichte. Sie sehen das Beispiel dazu in Hitler-Deutschland.“
Die letzte Szene des (dem Präsidenten gerade zum Geburtstag geschenkten) Trailers, zeigt ihn denn auch mit entschlossenem Blick.
* Die Aufführung dieses Propagandafilms in Österreich ist schlichtweg skandalös, wir fordern seine sofortige Absetzung aus den heimischen Kinos!
* UCI Kinowelt fordern wir auf, den Streifen sofort aus dem Programm zu nehmen!
* Alle politisch Verantwortlichen sind aufgefordert, mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln das Anlaufen dieses reaktionären Polit-Plots zu verhindern bzw. seine österreichweite Außerprogrammnahme zu erwirken!
Demokratik Güç Birliği (Demokratische Gemeinschaftsplattform)
Hayır Platformu („Nein“-Kampagne, Plattform“ Nein“ zur Einführung eines Präsidialsystems in der Türkei am 16. April)
und weitere befreundete Organisationen