Neue KOMintern-Kampagne (Teil 1):
Mindestlohn rauf!
„Die Zahl der Beschäftigten, die mit ihrem Einkommen gerade über die Runden kommen oder für die es gar nicht mehr reicht, steigt dramatisch an“ – konstatierten ÖGB und AK unlängst. Waren es vor fünf Jahren 50%, sind es jetzt bereits 62%. „Ein Alarmsignal: Die Einkommensschere geht immer weiter auseinander, der Riss in der Gesellschaft wird immer größer.“
Eine zunehmend verbreitete Alltagserfahrung, in der sich die Einkommensentwicklung der letzten Jahre und Jahrzehnte widerspiegelt. Während die Gewinne und Besitzeinkommen in den letzten Jahren und Jahrzehnten konstant auf Kosten der Löhne emporkletterten, hinkten Letztere dieser Entwicklung in jeder Hinsicht hinterher:
„Allein im letzten Jahrzehnt betrugen durch das Steigen der Gewinnquote bzw. das Sinken der Lohnquote die `Verteilungsverluste´ der Arbeitseinkommen gegenüber den Gewinn- und Besitzeinkommen in Summe 32,4 Milliarden Euro. Umgelegt auf alle ArbeiternehmerInnen entspricht das pro Kopf einem Wert von etwa 9.000 Euro.“ (AK- „Fakten zur Verteilung der Einkommen und Arbeitszeit“)
Schon seit Bestehen von KOMintern fordern wir daher parallel zu kräftigen Lohnerhöhungen zugleich einen flächendeckenden Mindestlohn.
Arm trotz Arbeit?
So regelt sich die Lohnhöhe in Österreich zwar vorrangig über die „Ist-Löhne“, die vor allem in gewerkschaftlich gut organisierten Branchen sowie in jenen, in denen Zusatzzahlungen üblich sind, über dem KV-Mindestlohn- bzw. Gehalt liegen. Gleichzeitig gibt es jedoch eine Reihe Branchen, in denen „Ist-Überzahlungen“ selten sind bzw. überhaupt nicht vorkommen und daher die jeweiligen Mindestlöhne die realen Einkommen bestimmen. Allen voran die klassischen Niedriglohnbranchen. Und auch auf Erstgenannte wächst der Lohndruck. Um diese zunehmende Armutsgefährdung und Lohnarmut, den ständig steigenden Druck auf die Lohneinkommen und die vielfach unhaltbaren Hungerlöhne, allen voran in den Niedriglohnbranchen einen Riegel vorzuschieben, sowie gleichzeitig die eklatante Lohnschere zwischen Männern und Frauen, wie Lohndiskriminierung von MigrantInnen entschärfen zu können, bedarf es eines flächendeckenden Mindestlohns, der diesen Namen auch verdient.
Lebensstandard sichern – Mindestlohn von 1.652.- brutto!
Beziffert man diesen nicht einfach über den Daumen, sondern orientiert sich hierfür vielmehr, sowie in gleichzeitiger Bindung des Mindestlohns an ihn, am Metaller-Kollektivvertrag als österreichischem „Leit-KV“ und der entsprechenden Beschäftigungsgruppe*
ergibt sich daraus ein Mindestlohn von (mind.) 1.652,20 brutto bzw. mind. 1.227, 38 netto (Stand 2013).
Wir fordern daher:
- Einen flächendeckenden, kollektivvertraglichen Mindestlohn von 1.652,20 EUR (Einstiegseinkommen)
- Den entsprechenden aliquoten Anteil anhand der vereinbarten Arbeitszeit für Teilzeitbeschäftigte
- Einen entsprechenden Mindestgrundgehalt auch in allen Branchen außerhalb der klassischen Kollektivverträge **
Ein Gebot der Stunde, das hunderttausende Vollzeit in Arbeit stehenden Beschäftigten, wie (aliquot) rund 950.000 (unselbständig)
Teilzeit- wie „Zwangsteilzeit“-Beschäftigten einen Mindestlebensstandard sichern würde.
Mindestlohn durch Kollektivvertrag!
Anders als in anderen europäischen Ländern existiert in Österreich (aus historischen und institutionellen Bedingungen, wie einem hohen gewerkschaftlichen Organisierungsgrad) eine gut etablierte Form der Kollektivverträge, die – im Unterschied etwa zu Deutschland – für die Betriebe verbindlich sind.
So wird der Mindestlohn für unselbständige Beschäftigte bisher denn auch, ähnlich wie in Dänemark, Schweden und Finnland, über gewerkschaftlich ausgehandelte Kollektivverträge
bzw. Mindestlohntarife u.a. geregelt, und deckt bis zu 98% aller unselbständigen Werktätigen ab.
Damit:
- bleibt der Mindestlohn in Österreich auch Bestandteil der gewerkschaftlichen Lohnauseinandersetzungen, und wird nicht wie im Falle gesetzlicher Mindestlöhne aus den gewerkschaftlichen Lohnverhandlungen wie unmittelbaren Gewerkschaftskämpfen herausgenommen
- bleibt die gewerkschaftliche Kollektivvertragsautonomie von staatlichen Eingriffen unberührt
- wird die weitere Mindestlohnentwicklung nicht der Regierungswillkür oder dem Statistischem Zentralamt überantwortet
In erster, einer gänzlich ungebundenen, den politisch-parlamentarischen Kräfteverhältnissen freigegebenen Regelung, würde die hinkünftige Mindestlohnentwicklung, zumal in Zeiten einer nachhaltigen Austeritäts-, Nulllohnrunden- und Rotstiftpolitik, direkt den künftigen Parlamentskonstellationen und Regierungen anheimgestellt.
In anderer, etwa an den Verbraucherpreisindex gebundener Variante, implizierte sie wie selbstverständlich die unausdrückliche
Voraussetzung, daß die Mindestlohnquote am (erwirtschafteten) Volkseinkommen sich aufgrund der Produktivitätsentwicklung
verteilungspolitisch verschlechterte, und würde in dieser Perspektive darin zugleich die gegebenen Klassenkräfteverhältnisse im Blick auf den Mindestlohn zementieren.
Zu Teil 2: Arbeitszeit runter!
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