Schlagen wir die Frontalattacke auf das KV-System zurück
Morgen findet eine Protestkundgebung der zuständigen Fachgewerkschaft GPA-djp und der Beschäftigten des grafischen Gewerbes vor der Wirtschaftskammer statt, an der auch wir solidarisch teilnehmen werden:
Kämpfen wir für einen österreichweiten Kollektivvertrag für alle Beschäftigen im grafischen Gewerbe!
Heute das grafische Gewerbe, morgen ….?
Dienstag, den 13.6., um 15.00 Uhr
Die Causa um den Drucker-KV ist aber nicht nur ein brachialer Affront gegen die Beschäftigten und Gewerkschaftsbewegung im Land, sondern zugleich ein Warnsignal das zeigt, dass die Gewerkschaftsbewegung gegen die immer aggressivere Gangart der Unternehmerverbände und deren unterschiedlichen Vorstöße zur Aushebelung des heimischen Kollektivvertragssystems mindestens in Perspektive nicht um branchen-übergreifende, geballte Antworten in Einbeziehung und Mobilisierung der Beschäftigten herumkommen wird, wollen wir nicht wie die sprichwörtliche Maus vor der Schlange erstarren. Die Zeiten „sozialpartnerschaftlicher“ Zugeständnisse und Kompromisse wie Intimität mit dem Kapital sind allemal vorbei. Heute erfordert selbst schon die Verteidigung der historischen Errungenschaften und des Erreichten den entschiedenen Klassenkampf.
Im Jahre 1896 gelang es den Buchdruckern in Österreich, den ersten Kollektivvertrag im Land durchzusetzen. Gut organisiert und als Drucker und Setzer auch schon früh des Lesens mächtig kam den Druckern geschichtlich seit Langem eine gewerkschaftliche Vorreiterrolle zu. Die bestand nicht zuletzt darin, die ursprüngliche Weigerung der Unternehmer und ihrer Verbände zu durchbrechen, mit den aufkommenden Gewerkschaften kollektive Vereinbarungen über die Löhne und Arbeitsbedingungen zu schließen.
120 Jahre später hat im Vorjahr bekanntlich der Arbeitgeber-Verband „Druck & Medientechnik“ den Beschluss gefasst, seinesteils keine Kollektivverträge mit der Gewerkschaft mehr verhandeln zu wollen. Dazu wurde der entsprechende Passus kurzerhand aus den Statuten gestrichen und Antrag beim – gesetzlich zuständigen – Bundeseinigungsamt gestellt.
Ein Affront, den weder die betroffenen Beschäftigten und zuständige Fachgewerkschaft GPA-djp noch die Gewerkschaftsbewegung in Österreich insgesamt widerstandslos hinzunehmen gedenken, geschweige denn devot hinnehmen dürfen.
Das Bundeseinigungsamst hat dem Antrag des Verbands Druck & Medientechnik mittlerweile stattgegeben. Der Bescheid auf Aberkennung als „Kollektivvertragspartner“ wird Mitte Juni mit Kundmachung im Amtsblatt der Wiener Zeitung rechtswirksam, womit der grafische Kollektivvertrag obsolet wird.
Da der Verband “Druck & Medientechnik” eine sogenannte “freiweillige Arbeitgebervereinigung” war fällte die Zuständigkeit danach zurück auf die Wirtschaftskammern in den Bundesländern (die sich gegen eine Zuständigkeitsabgabe an die Bundeswirtschaftskammer sperren), womit ein kollektivvertragsfreier Zustand im grafischen Gewerbe bzw. mindestens eine Aufspaltung des Branchenkollektivvertrags auf neun unterschiedliche Teilkollektivverträge auf Landesebene droht.
Wird dieser Kerbe in die Kollektivvertragslandschaft nicht Einhalt geboten, ja sollte das Beispiel Druckerei-Unternehmer unter Österreichs Kapitalfraktionen gar „Karriere machen“, dann droht ein ähnlicher Steppenbrand im KV-System wie er über die letzten Jahre bereits quer durch Europa rollte.