Aus Marx´ Analyse des Kapitalismus ergibt sich für die Arbeitenden die Notwendigkeit der gewerkschaftlichen Organisierung und des gewerkschaftlichen Kampfes zunächst zur Sicherung bzw. zur Erhöhung der Löhne, der Regulierung der Arbeitszeit bzw. ihrer Verkürzung, sowie des Ringens um die Arbeitsbedingungen. In dieser kollektiven Interessensvertretung vermögen die Werktätigen die durch den individuellen Arbeitsvertrag bedingte Vereinzelung und Konkurrenz untereinander aufzuheben.
In diesem Sinne haben Gewerkschaften denn auch vorab eine Schutzfunktion. Nur der solidarische, kämpferische Zusammenschluss der Arbeitenden kann der „allgemeinen Tendenz“ des Kapitals „den durchschnittlichen Lebensstandard nicht zu heben, sondern zu senken“ entgegenwirken.
Gewerkschaften haben für Marx darüber hinaus jedoch auch eine politische Gestaltungsfunktion sowie die revolutionäre Funktion der Aufhebung des kapitalistischen Lohnsystems als solchem. In historischer Perspektive macht er die voll entfaltete Funktions-Erfüllung der Gewerkschaften daher auch von der „endgültigen Abschaffung des Lohnsystems“ abhängig. Und unter diesem umfassenden Blickwinkel haben die Selbsttätigkeit der Werktätigen, ihre Arbeits- und Gewerkschaftskämpfe auch die doppelte Bedeutung: einerseits des „unvermeidlichen Kleinkriegs“ zur Behauptung ihre Arbeits- und Lebensinteressen im Kapitalismus und andererseits als eine Art „Kriegsschule“ zur Vorbereitung auf die revolutionäre Überwindung des kapitalistischen Systems.
Gewerkschaften tun gute Dienste als Sammelpunkte des Widerstands gegen die Gewalttaten des Kapitals. Sie verfehlen ihren Zweck zum Teil, sobald sie von ihrer Macht einen unsachgemäßen Gebrauch machen. Sie verfehlen ihren Zweck gänzlich, sobald sie sich darauf beschränken, einen Kleinkrieg gegen die Wirkungen des bestehenden Systems zu führen, statt gleichzeitig zu versuchen, es zu ändern, statt ihre organisierten Kräfte zu gebrauchen als einen Hebel zur schließlichen Befreiung der Arbeiterklasse, d.h. zu endgültigen Abschaffung des Lohnsystems.
Karl Marx