Zur Abschaffung der Möglichkeit des geringfügigen Zuverdiensts bei AMS-Bezug

Der Beschluss der Bundesregierung, den Zuverdienst zum Arbeitslosengeld für die Mehrheit der Arbeitslosen Menschen zu streichen ist schlicht absurd und „für Arbeitslose entwürdigend“, so ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian noch vor Paktierung der „Zuckerl“-Koalition brustgeschwollen. Denn viele Arbeitssuchende müssen zum Arbeitslosengeld geringfügig dazuverdienen, um überhaupt über die Runden zu kommen. 

Nur ein minimaler Bruchteil (rund 10%) der der Bezieher:innen von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe arbeitet daneben geringfügig dazu. Das tun vor allem diejenigen mit einem niedrigen Arbeitslosengeld bzw. einer niedrigen Notstandshilfe. 2002 hatten lt. einer Sora-Studie 84 % der Arbeitslosen mit geringfügiger Beschäftigung trotzdem nur ein monatliches Einkommen unter € 1.000.

50 % der arbeitslosen Frauen mit geringfügigem Zuverdienst erreichen durch die Kombination von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe ein Einkommen knapp über der Armutsgrenze. Eine Abschaffung der Möglichkeit geringfügigen Zuverdienstes während eines Leistungsbezuges aus der Arbeitslosenversicherung würde daher insbesondere Frauen stark betreffen.

Die in Wirtschaftskreisen beliebte Erzählung, dass der geringfügige Zuverdienst zum Arbeitslosengeld die Arbeitslosigkeit verfestige, wiederum, ist schlichtweg falsch. Im Gegenteil: Wenn jemand dazuverdient, dann hat er weiter einen Fuß in der Arbeitswelt. Gerade für Langzeitarbeitslose sind solche kleinen Jobs ein Sprungbrett in Beschäftigung. Sie sind kürzer arbeitslos, wenn sie zuvor ein Betrieb geringfügig anstellt – was auch die einschlägigen Studien belegen.

In diesem Zusammenhang hält auch Armutskonferenz fest: Die langjährige Erfahrung der Sozialen Unternehmen zeigt, dass für Langzeitbeschäftigungslose eine geringfügige Beschäftigung eine sinnvolle Brücke in den Arbeitsmarkt sein kann. Insbesondere für vulnerable Gruppen am Arbeitsmarkt und langzeitarbeitslose Menschen ist dieser „Fuß in die Arbeitswelt“ ungemein wichtig. Sie behalten oder bekommen dadurch eine Tagesstruktur, wichtige Kontakte, erlernen neue Fähigkeiten und können stundenweise oder geringfügig arbeiten und so wieder an eine längerdauernde Beschäftigung herangeführt werden. Vor allem für Menschen mit besonderen psychosozialen Problemlagen ist die „Brücke“ geringfügiger Zuverdienst unerlässlich, da diese Beschäftigungsmöglichkeit oft der erste wichtige Schritt zu einer erfolgreichen (Re-)Integration ist.

Entsprechend sahen die Gewerkschaften und ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian in der vor wenigen Monaten von Karl Nehammer losgetretenen Diskussion um die Zuverdienstgrenze auch nur ein Ablenkungsmanöver und eine schikanöse Zuchtrute. „Es geht offensichtlich darum, einen Billiglohnsektor aufzubauen, Arbeitslose zu zwingen, jeden Job anzunehmen. Denn, wenn kein Geld mehr da ist, nimmt man jeden Job.“ Nötig hingegen wäre, gute Arbeitsbedingungen zu schaffen und den Menschen Einkommen zu zahlen, von denen sie leben können. Dann müssten auch keine Scheinargumente gegen einen lebensnotwendigen Zuverdienst gefunden werden, damit man Arbeitslose in Jobs drängt, die sonst niemand machen möchte. In dieselbe Kerbe schlug seinerzeit auch noch Arbeiterkammerchefin Renate Anderl: „Schikanen für Arbeitslose lösen keine Arbeitsmarktprobleme!“

Mit ihrer Einbindung in die Regierung tönt die seinerzeit kampfgeschwollen vorgetragene Kritik seitens der Gewerkschafts- und AK-Spitzen indes nur mehr leise durch. Freilich, man wird sie in Gesprächen nicht fallenlassen, einem aktiven Kampf dagegen sind indessen im ‚Staatsinteresse‘ und in ‚Regierungsraison‘die Hände gebunden. Eine Selbstknebelung und -Entwaffnung die Wirtschaftsvertretern spiegelbildlich nie in den Sinn käme.

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