Wie weit noch bis zum Dritten Weltkrieg? Es ist gerade einmal wenige Tage her: Die Vollversammlung der AK Niederösterreich schmetterte unseren Friedens- & Neutralitäts-Antrag in einer Koalition aus FSG, NÖAAB-FCG und FA-FPÖ und anderen ab und erklärte sich für die Frage von Krieg und Frieden „nicht zuständig“. In Wien wiederum wurde er (zumindest) zur Weiterbehandlung auf Ausschussebene zugewiesen. Bezeichnenderweise stimmten AUGE und LINKS in ihrem oliv-grünen bzw. mosaiken Transatlantizismus und Kriegswahn sogar hiergegen. Derweil spielt der scheidende US-Präsident mit dem Feuer an der Lunte und eskalierte den Ukraine-Krieg gerade bis an den Rand eines großen heißen Kriegs.
Noch kurz vor Amtsabtritt hat Biden letzten Sonntag Kiew nunmehr grünes Licht für einen Einsatz weitreichender US-amerikanischer Raketen gegen Ziele in Russland gegeben. Und Kiew sie auch prompt zum Einsatz gebracht. Gestern feuerte die Ukraine zudem noch britische Langstreckenraketen auf russisches Gebiet ab.Noch ist unklar wie Moskau darauf reagieren wird. Russland jedenfalls hat schon lange klargestellt und gewarnt, einen solchen Schritt als direkte Kriegsbeteiligung der USA resp. der NATO zu bewerten. Die in diesem Kontext seit Frühsommer angekündigte Änderung der Nukleardoktrin wurde nun vorhersehbar auf scharf gestellt und von Putin unterzeichnet. Begleitend sprechen erste Stimmen aus der Russländischen Föderation auch von einem „sehr großen Schritt in Richtung Drittem Weltkrieg“ oder sehen diesen, wie Ex-Präsident Medwedew, gar „bereits“ angebrochen. Und die an apokalyptischer Gemeingefährlichkeit kaum mehr zu übertreffenden europäischen Bellizist:innen diverser Couleurs jubilieren über diese weitere Eskalation auch noch frenetisch – und wenn sie uns gegebenenfalls auch in den Abgrund reißt.
Mit diesem Zocken eines großen heißen Kriegs schlägt Europa in Bälde indes vielleicht wirklich die Stunde der Wahrheit. Unter der Hand herrscht bisweilen die, in den USA auch offen ausgesprochene, Hoffnung, dass Wladimir Putin dazu zu risikoscheu und rational sei. Die darin liegende Pointe, dass jene die ihn gemeinhin als schlichten „Irren im Kreml“ zeichnen, ihn jenseits der Kriegspropaganda in Wirklichkeit für viel weniger erratisch halten, ist angesichts des Ernstes der Lage geschenkt. Am gespenstischen Wahnsinn dieser Eskalation mit Kalkül und unsicheren Wettquoten pro oder contra einem „außer Kontrolle geraten“ ändert das auch kein Jota. Wer mit der Weltkriegsgefahr spielt, gehört, bevor von Europa womöglich nur mehr eine radioaktiv strahlende Trümmerlandschaft bleibt, umgehend in die Wüste geschickt. Das Gebot der Stunde kann denn auch nur darin liegen, den Widerstand gegen dieses gemeingefährliche Hinaufdrehen der Eskalationsschraube zu entfachen!
Die Plattform „Stimmen für Neutralität“ hat aus diesem Anlass auch umgehend zu einer „Anti-Kriegs-Kundgebung“ für Samstag, 23.11., ab 14.00 Uhr am Ballhausplatz aufgerufen, um die Stimme gegen diese Irrlichterei mit dem Zeug zum Weltenbrand zu erheben.Zum Hintergrund der Wende Washingtons wiederum, stellen wir einen (stark gekürzten) Bericht aus german-foreign-policy nach.
Stopp – dem Krieg & der nuklearen Eskalation
Anti-Kriegs-Kundgebung
Samstag 23.11., Ab 14.00 Uhr, Ballhausplatz, 1010 Wien
Stimmen für Neutralität
German-foreign-policy: Die US-Regierung gestattet den Beschuss russischen Territoriums mit weitreichenden US-Raketen und riskiert damit eine unkontrollierbare Kriegseskalation sowie das Ende der gerade erst in Schwung gekommenen Verhandlungsbemühungen. US-Präsident Joe Biden hat Kiew amSonntag im Rahmen der Kämpfe um das russische Gebiet Kursk Angriffe mit ATACMS-Raketen erlaubt. In den Tagen zuvor hatten sich Berichte verdichtet, denen zufolge eine Bereitschaft zu Gesprächen über einen Waffenstillstand bei einigen westeuropäischen Staaten erkennbar war. Hintergrund war die desolate militärische Lage der Ukraine, die eine Kiewer Niederlage näherrücken lässt. Diese wird nach Überzeugung von US-Stellen auch durch die ATACMS-Raketen nicht verhindert. In einem aktuellen Beitrag in der New York Times heißt es, der Ukraine-Krieg sei „ein Stellvertreterkrieg“, in dem es darum gehe „unseren Feind zu schwächen, ohne ihn selbst direkt anzugehen“.
Von der erteilten Genehmigung, US-amerikanische ATACMS-Raketen im Kampf um das russische Gebiet Kursk einzusetzen … erhoffe man sich keine Kriegswende mehr, heißt es in Washington; man wolle aber den Schaden auch für nordkoreanische Truppen, die Russland im Kampf um Kursk unterstützten, maximieren. Moskau hat mehrfach gewarnt, es werde einen Einsatz solcher Waffensysteme als Kriegseintritt der betreffenden westlichen Staaten werten. Mittlerweile gehen US-Stellen davon aus, Russland werde mit Angriffen oder auch Anschlägen auf Ziele der USA und ihrer europäischen Verbündeten antworten.
Gesprächsbereit
Washington riskiert damit eine unkontrollierbare Eskalation zu einem Zeitpunkt, zu dem die Bereitschaft zu Verhandlungen auch im Westen spürbar zugenommen hat. Mitte vergangener Woche berichtete etwa die Washington Post unter Berufung auf zehn aktive und frühere EU- oder auch NATO-Diplomaten, „einige Verbündete der Ukraine“ seien dabei, die Grundlagen für Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew zu schaffen. Bereits zuvor hatte es geheißen, die Ukraine weiche unter dem Druck der Umstände ihre zuvor eisenharte Haltung gegenüber einem von Brasilien und China präsentierten Friedensplan ein wenig auf. Am Wochenende bestätigten Recherchen des Wall Street Journal, in zahlreichen europäischen Hauptstädten setze sich die Erkenntnis durch, eine Suche nach Wegen aus dem Konflikt sei „in wachsendem Maße notwendig“. Kurz zuvor, am Freitag, hatte Olaf Scholz erstmals seit Dezember 2022 mit Russlands Präsident Wladimir Putin telefoniert und laut Angaben der Bundesregierung auf eine „Bereitschaft Russlands zu Verhandlungen mit der Ukraine“ gedrungen. Putin hatte, wie der Kreml im Anschluss an das Telefonat mitteilte, bekräftigt, er habe Gespräche niemals abgelehnt und sei jederzeit bereit, sie wieder von neuem zu starten.
Ein Stellvertreterkrieg
Während unklar ist, ob die Erlaubnis der Biden-Administration zum Beschuss russischen Territoriums mit weitreichenden US-Waffen die sich anbahnenden Gespräche schon wieder beendet, hat eine Kommentatorin der New York Times die Logik des westlichen Vorgehens offengelegt. Es sei zutreffend, den Ukraine-Krieg „einen Stellvertreterkrieg“ zu nennen, heißt es in ihrem Kommentar; schließlich gehe es Washington nicht nur darum, die Ukraine bei ihrer Verteidigung gegen Russland zu unterstützen, sondern auch darum, „unseren Feind zu schwächen, ohne ihn selbst direkt anzugehen“.