„Unvergängliche Dankbarkeit“

Der Sieg über den Nazi-Faschismus am 8. Mai ist als Tag der Befreiung unzweifelhaft eines der wichtigsten Daten der Menschheitsgeschichte. Österreich selbst wurde seinesteils bereits wenige Wochen vor dem globalen Sieg über die Barbarei des deutschen Faschismus von der Roten Armee entscheidend befreit (weshalb die Vertreter der Gründungsparteien der Zweiten Republik – SPÖ, ÖVP und KPÖ – auch bereits am 27. April 1945 die Proklamation über die Selbständigkeit Österreichs unterzeichnen konnten).

Vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs, trachten die herrschenden Eliten und zahllose weitere Kräfte die heroische Geschichte der Befreiung und den entscheidenden Anteil der Sowjetunion zu entsorgen, werden Denkmäler in Frage gestellt, geschändet, auch demontiert, und russische (sowie belarussische) Vertreter von Gedenkveranstaltungen und Befreiungsfeiern ausgegrenzt resp. ausgeladen. Auch in Österreich. Wir sind auf diese skandalöse Exkommunikation Russlands, als Rechtsnachfolger der Sowjetunion, aus dem Kreis der alliierten Befreier bereits in unserem Beitrag zur Wiedererrichtung Österreichs am 27. April eingehender eingegangen.

Daher hier denn auch nur ein nachträgliches Wort zu dieser bis ins Pathologische hysterisierten, politischen Instrumentalisierung des Gedenkens an die Befreiung vom Nazi-Faschismus gegen Moskau seitens der führenden politischen Figuren in Deutschland und Österreich: „Seit dem Kriegsende 1945 gab es in der Welt 515 Kriege und bewaffnete Konflikte, von denen 75 bis in die Gegenwart anhalten. Es ist uns nicht bekannt, dass es irgendwann und irgendwo in der Welt Vertretern von in Kriege verwickelten Staaten verboten wurde, an Gedenkveranstaltungen teilzunehmen [oder sie ausgegrenzt wurden], die jene ehrten, welche die Menschheit von der faschistischen Barbarei befreiten. Dass dies nun ausgerechnet in Deutschland [und Österreich] geschieht, welche[…] die monströsen Verbrechen des Nazi-Faschismus zu verantworten [bzw. mitzuverantworten] hab[en], ist eine Ungeheuerlichkeit“ – so jüngst auch nochmals die Kommunistische Plattform der Linkspartei zu Recht. Gegen den aufgebrandeten Geschichtsrevisionismus sowie die unerträglicheInstrumentalisierung des Gedenkens an die Befreiung von der bislang verbrecherischsten Ausgeburt faschistischer Barbarei und des Imperialismus, seien denn auch zumindest die Stimmen der Gründerväter der Zweiten Republik und ersten Stunde der Befreiung herangezogen und in Erinnerung gerufen.

Vorausgeschickt sei lediglich noch, dass es schon äußerst kruder Winkelzüge braucht, die historische Rolle und Bedeutung der Sowjetunion und der Roten Armee, die den entscheidenden Anteil an der Befreiung und zugleich die größte Last des Zweiten Weltkriegs trugen, mit Blick auf das nachsowjetische Russland und dessen militärische Streitmacht gegen den Strich bürsten oder gar entsorgen zu wollen. Ein nicht minder verwildertes Denken drückt sich noch bis hinein in die Denkmalsdebatten aus, in denen sowjetische Denkmäler, die auch für Millionen ukrainische Tote auf Seiten der UdSSR stehen, überhaupt als bloße „Russendenkmäler“ firmieren. Bzw. auch in der um sich greifenden ahistorischen, ethnischen Aufteilung der sowjetischen Befreiungsarmee in russophober Absicht.

Den sinnbildlichen Gipfel dieses geschichtlichen und politischen Tsunamis bildet allerdings wohl das in Berlin gerade erneut ausgesprochene Verbot der Sowjetfahne zum antifaschistischen Gedenken am 8. und 9. Mai. Jener ruhmreichen Fahne, unter der im Blutzoll Dutzender Millionen Sowjetsoldaten und -Bürger (darunter beiher auch abermals Millionen ukrainischer) Europa vom Nazi-Faschismus befreit wurde.

Anlässlich der feierlichen Konstituierung der Provisorischen Regierung im Wiener Rathaus und dem gleichzeitig ersten Staatsakt im Parlament am 29. April erklärte der mit der Regierungsbildung beauftragte neue Staatskanzler (und spätere 1. Bundespräsident der Zweiten Republik) Karl Renner (SPÖ) denn seinerseits noch vielmehr: „Das österreichische Volk wird niemals vergessen, dass es nur durch die Kraft und durch den siegreichen Vormarsch der Roten Armee gelungen ist, Österreich seine Unabhängigkeit wiederzugeben. Wir werden alle Zeit dafür dankbar sein.“

Und schrieb begleitend: „Ohne die Rote Armee wäre keiner meiner Schritte möglich gewesen, und dafür bleibe nicht nur ich, dafür bleibt die künftige Zweite Republik Österreich … Ihnen, Herr Marschall, und ihrer siegreichen Armee für alle Zukunft zum Dank verpflichtet.“

Der Staatssekretär (und spätere 3. Bundespräsident der Republik) Adolf Schärf (SPÖ) formulierte am kurz darauf begangenen 1. Mai: „Wien ist wieder frei, die Straßen sind wieder unser, die roten Fahnen werden wieder von unseren Händen getragen und die alten Kampflieder … von uns gesungen … Dies alles verdanken wir der siegreichen Roten Armee, der ich hier im Namen aller aufrechten Österreicher von ganzem Herzen danke.“

ÖVP-Staatssekretär Leopold Figl, nach Renners Wahl zum Bundespräsidenten im Dezember 1945 dann erster Bundeskanzler der Zweiten Republik, wiederum erklärte am 28. Mai in Eisenstadt seinerseits: „Österreich ist wieder Österreich! Wir dürfen wieder frei atmen und frei unsere Meinung sagen, wir sind frei vom Druck und Zwang des Naziterrors. Dies danken wir im besonderen der siegreichen Roten Armee.“

Aber auch etwa ÖVP-Generalsekretär und spätere Unterrichtsminister wie Nationalratspräsident Felix Hurdes (seinerseits kurz vor der Befreiung Wiens aus dem KZ Mauthausen bzw. nach Überstellung ins Landesgericht Wien zum geplanten Prozess gegen ihn freigelassen), dankte der Sowjetunion bei mehreren Gelegenheiten.

Bei der – seinerzeit auch live im Radio übertragenen – Enthüllung des sowjetischen Befreiungsdenkmals (Heldendenkmal der Roten Armee) am 19. August 1945 wiederum formulierte Karl Renner (in Beisein von Leopold Figl und Ernst Fischer als anwesende Staatssekretäre, sprich: Minister, für die ÖVP und KPÖ, sowie Wiens Bürgermeister Theodor Körner): „Die späteren Geschlechter werden in Andacht erschaudernd bekennen: Die kühnen Heldentaten der Roten Armee, die heilige Opferbereitschaft der Sowjetsoldaten und die meisterhafte Führung ihres Generalissimus Stalin haben das fluchwürdige Regime des völkervernichtenden Nationalsozialismus beseitigt. Die ganze Menschheit ist in ihrer Schuld … Wir geloben für uns und die, die nach uns kommen: Felsenfest wie dieses Denkmal ist unser Vertrauen und unsere unvergängliche Dankbarkeit für die Rote Armee.“

Entsprechend halten wir es auch nach 80 Jahren mit dem 1950 von Johannes R. Becher geschriebenen, von Hanns Eisler (obwohl bis zu seinem Lebensende österreichischer Staatsbürger, kein Bürgerrecht in der Milleniums-Auswahl der 1.000 bedeutendsten Künstler Österreichs gefunden habend) vertonten und von Ernst Busch gesungen Gedicht, das nichts an Gültigkeit eingebüßt hat: „Wer hat vollbracht all die Taten, /Die uns befreit von der Fron? /Es waren die Sowjetsoldaten, /Die Helden der Sowjetunion. /Dank euch, Ihr Sowjetsoldaten, /Euch Helden der Sowjetunion!“

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