Dass die „Zuckerl“-Koalition – wenngleich sie einen „Volkskanzler“ Kickl verhindert hat – ein vergifteter Drops auf Boden eines faktischen neoliberalen Nenners der Budgetkonsolidierung ist, verweist nachdrücklich auf deren sozialen Klasseninhalt gegen die Arbeits- und Lebensinteressen der breiten Massen.
Die eigentümliche ‚Dialektik‘ der SPÖ
Dabei ist nun doch auch die SPÖ mit im Boot und stellt neben dem Vizekanzler auch den, dazu noch aus der Arbeiterkammer kommenden, Finanzminister. Nur, was sich budgetpolitisch für die ÖVP und NEOS ohnehin von Haus aus versteht und somit geschenkt werden kann, gilt trotz etwas röter getöntem Mascherl unter dem neuen SPÖ-Vorsitzenden und nunmehrigen Vizekanzler Andreas Babler nicht minder für die realexistierende Sozialdemokratie. Diese hat oder macht immer dann vernünftige Steuervorschläge – in Wahlkämpfen, vor Koalitionsgesprächen und auf begleitenden Parteievents – wenn sie garantiert damit scheitert. Stellt sie bisweilen selbst den Kanzler, wie unter Vranitzky, Klima, Gusenbauer, Faymann oder Kern, tat sie ebenso das Gegenteil dessen, mit was Sozialdemokratismus bis heute gemeinhin so assoziiert wird. Seien es Steuersenkungen fürs Kapital bei umgekehrt immer stärkerer Verwandlung der Arbeitenden und breiten Bevölkerung in Melkkühe des Fiskus, sei’s durch Sparpakete die jene auch noch zu den Packeseln der Nation downgraden, oder anderem.
Wie etwa mit der Steuerreform im Vorfeld des EU-Beitritts 1993/94, mit welcher in Österreich unter rosaroter Federführung die Vermögenssteuer abgeschafft wurde und die Kapitalertragssteuer auf tätigkeitslose Finanzeinkommen (Dividenden, Zinsen, Kurs- und Spekulationsgewinne, …) auf einen Einheitssteuersatz unabhängig der Höhe der Kapitalerträge implementiert wurde.Mit dieser Steuerbegünstigung der Rentiers- und Finanzeinkommen werden die leistungslosen Vermögenszuwächse der Millionär:nnen im Land seither geringer besteuert als die durchschnittlichen Arbeitseinkommen der Lohnabhängigen. Ähnliches gilt ebenso für die schon durch die – ebenfalls unter SPÖ-Patronanz auf den Weg gebrachte – Steuerreform 1989 drastisch abgesenkte Gewinnsteuer für Unternehmer, ergänzt um eine deutliche Senkung des Spitzensteuersatzes. Oder wie in den Budgetkonsolidierungsjahren 1996/1997, mit ihren tiefen Einschnitten in den Sozialstaat – um die ‚Maastricht Kriterien‘ der EU zu erfüllen. Die abermals unter sozialdemokratischen Zepter geführte Koalitionsregierung schnürte damals das bis dahin größte Sparpaket der Zweiten Republik, mit einem Volumen von fast 4% des BIP innerhalb eines Zeitraums von 2 Jahren. Der Letztgenannte aus dem oben genannten Reigen der SP-Kanzler kämpfte seinerseits wiederum noch bis kurz vor seinem Abgang wie ein Löwe (allerdings noch vergeblich) für die Wiedereinführung des 12-Stunden-Tags, dessen Renaissance im politischen Feld ursprünglich wiederum bereits unter seinem sozialdemokratischen Kanzler-Vorgänger in ein rot-schwarzes Koalitionsabkommen geschraubt wurde, und damit das Gesamtbild prägnant abzurunden vermag.
Schwarz-Rot-Pink: neoliberale Budgetkonsolidierung par excellence ohne jedwede sozialdemokratische Akzente
Heute rollt, die SPÖ stellt wie schon mit Lacina und Klima in den ausgeführten Steuerreformen und Budgetkonsolidierungsjahren immerhin abermals den Finanzminister, in einem unfreiwilligen Déjà-vu erneut eine Welle an Sparpakete auf uns zu. Eine gewisse Pikanterie daran ist zweifellos, dass sich die „Zuckerl“-Koalitionär:innen dabei weitgehend umstandslos am bereits paktierten Sparpaket der vorangegangenen blau-schwarzen Koalitionsverhandlungen orientierten. Abschließende, letzte Details des Budgets stehen bis zur Budgetrede Mitte Mai noch aus. Aktuell wurden gerade eben jedoch schon mal die milliardenschweren Einschnitte und Zurichtungen im Pensionssystem bekannt. Und die Eckpunkte und der Pfad sind im Koalitionsübereinkommen bereits festgegossen. Das Credo lautet abermals: „Sparen, sparen, sparen & den Gürtel enger schnallen“. Das neoliberale Dogma der sogenannten „ausgabenseitigen Budgetkonsolidierung“ bleibt damit – nominelle rote Schleifchen an der Regierungskoalition hin oder her – die basale sozial-reaktionäre Grundlage und das Substrat der schwarz-rot-pinken Budgetkonsolidierung.
Eine hierzu alternative Sanierung der in der Tat zerrütteten Staatsfinanzen (nicht zuletzt auch aufgrund der wahllos mit Geld zugeschütteten Vielfachkrisen, der allerseltenst sozial zielgerichteten Maßnahmen und der kostenintensiven, vielfach zudem sinnfreier Prestigeprojekte) über vermögensbezogene Steuern, eine höhere Besteuerung der Konzerngewinne, einer Zurückholung der vielfach eklatanten Corona-Überförderungen der heimischen Unternehmen mit ihren daraus gezogenen Gewinnen auf Staatskosten etc. ist damit bereits im Ansatz vom Tisch gefegt. Die im Wahlkampf nochmit Inbrunst getrommelten Steuervorschläge sind – „das Staatsinteresse vor das Parteiinteresse“ stellend (wie Babler die systematische Unterordnung der Arbeits- und Lebensinteressen der Millionen unter die Interessen der Millionäre und der EU apostrophiert) –, bereits in sozialdemokratischen Schubladen verräumt. Von einer alternativen Budgetkonsolidierung oder auch nur substantiellerer „einnahmenseitigen Stellschrauben“ aus Vermögen und Profiten ist nichts geblieben.Von einer auch bloß ansatzweise erkennbaren eigenen Handschrift oder auch nur Akzenten der Budgetkonsolidierung nichts zu sehen. Ja, noch nicht einmal die Rücknahme der jüngsten, neuerlichen Gewinnsteuersenkung durch Schwarz-Grün oder eine Erhöhung der auch für die Finanzierung der klammen Kommunen im Land erforderlichen Grundsteuer konnte ‚durchgesetzt‘ werden. Und die wie eine Monstranz vor sich hergetragene, allerdings bereits in den blau-schwarzen Koalitionsverhandlungen virulente, Bankenabgabe ist nicht mehr als ein Obolus aus deren Portokasse und liegt lediglich wieder auf dem Niveau wie nach der Finanzkrise. Und das, obwohl sich deren Profite im Vergleich zur Finanzkrise zwischenzeitlich versiebzehnfacht haben.
Dabei könnten, wie das gewerkschaftsnahe „Momentum Institut“ gegen diese Sparstiftpolitik gerade unterstrich: „Allein eine Reform der Grundsteuer, eine Vermögenssteuer ab einer Million Euro Nettovermögen, eine angemessene Erbschaftssteuer, eine Rückkehr zur früheren Körperschaftsteuer sowie ein temporärer Solidarbeitrag für Spitzenverdiener gemeinsam rund 17 Milliarden Euro jährlich generieren.“
Das Damoklesschwert eines nochmals verschärften Nachlegens
Dazu ist zu Recht strittig ob die bislang veranschlagten 6,4 Mrd. Euro für heuer und 8,7 Mrd. Euro für nächstes Jahr für den von der Regierung eingeschlagenen Budgetkonsolidierungspfad überhaupt ausreichen sowie als selbstgesteckte Ziele auch im anvisierten Volumen erreicht werden. Nicht nur der österreichische Fiskalrat zweifelt daran. Denn zum einen erweist sich das Budgetdefizit im gefühlten Wochentakt höher als ursprünglichzugrunde gelegt und sind andererseits die zu lukrierenden Einsparungsvolumina der Rotstift-Maßnahmen, abseits ihrer unsozialen Verfasstheit, fraglich. Entsprechend könnte von Schwarz-Rot-Pink schon bald mit heißen Nadeln ein noch schärferes Sparpaket gestrickt werden.
Zum anderen droht, da Österreich die vereinbarten EU-Klimaziele bis 2030 voraussichtlich verfehlt, der Republik eine Straf- bzw. Kompensationszahlung von konservativ gerechneten 5 Mrd. Euro im Jahr 30. Was dann freilich als erneutes „Argument“ für weitere Einsparungen dienen wird. Mit dazu muss die Republik heuer und in den kommenden Jahren eine Reihe zurückliegend noch zu Billigstzinsen aufgenommene Staatskredite zu neuen, höheren Zinssätzen revolvieren (ersetzen, ablösen) – was in der politischen Debatte bisher einfach außenvorgelassen wurde und wird. Um die Kettensäge auch noch in die letzten Verästelungen zu legen, wurde daher noch der ultra-neoliberale Unternehmer „Sepp“ Schellhorn als Austro-Musk installiert.
„Kanonen statt Butter“
Während wir also mal wieder auf „harte Zeiten“eingeschworen werden, werden von den Schreibtischfeldwebel:innen diverser Couleurs in ihrem kriegstrunkenen Wahn andernteils die „Wehretats“ quer durch die EU hingegen in bislang unbekannte, monströse Höhen geschraubt. Auch in Österreich. So soll auch das heimische Heeresbudget schon bis 2027 auf 1,5% des BIP (und damit sogar über den Hochphasen des Kalten Kriegs mit 1,1% liegend) oder rund 6 Mrd. Euro, und bis 2032 überhaupt auf das NATO-Ziel von 2% und damit rund 8 Mrd. Euro emporgedreht werden. Stellt man dies der Rotstiftpolitik der „Zuckerl“-Koalition gegenüber, ist diese über Gesagtes hinaus in eins als „Kanonen statt Butter“-Politik zu charakterisieren. Zumal über das Sonderbudget „Aufbauplan 2032+“ von 2022 nochmals exorbitante knappe 17 Mrd. Euro Sonderbudget mit dazu kommen. Um diese Marschrichtung in ein globales Wettrüstens 2.0 auch strickt einzuhalten (und nur dafür, keinesfalls indessen für Ziviles, gar Soziales) wurden jüngst sogar Lockerungen bzw. Ausnahmeklauseln aus den EU-Schuldenregeln des dem politischen System ansonsten als unantastbarer Gral geltenden ‚Maastrichter‘ „Wachstums- und Stabilitätspakts“ (obschon seit jeher unergründlich ist, was die „Maastrichtisierung“ Europas mit ihren ohne tragfähiger ökonomischer Begründung festgelegten Obergrenzen für die Defizite der Staatshaushalte, der Budgetverschuldung und eine Staatsfinanzierungsverbot mit Stabilität und insbesondere Wachstum zu tun hat) ersonnen.
Zur politischen Lage und dem erforderlichen Widerstand von unten, auf den Straßen und in den Betrieben
Umso verfahrener ist es freilich, dass sich der ÖGB, der sich schon im Windschatten der blau-schwarzen Budgetverhandlungen merklich zurückhaltend und still verhielt, nun (gelinde gesagt) unter der Hand überhaupt personell, wie ein Stück weit institutionell, in die Rotstiftpolitik der Regierung eingebunden ist. Denn, ob und inwieweit sich die geplante Sparpolitik und der Rückbau des Sozialstaates durchsetzen, entscheidet sich am Widerstand und den Alternativen die wir den Belastungs- und Sparpaketen sowie weiteren Einschnitten ins soziale Netz entgegensetzen. Und das noch im Horizont einer strukturell über die Koalitionsperiode hinaus ausgelegten Konsolidierungspolitik, die selbst noch die nächste Regierungsperiode präjudizieren wird.