Die erste Runde der Kollektivvertrags-Verhandlungen in der Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ) ist ergebnislos zu Ende gegangen. Wie das Arbeitgeber-Papier bei der Forderungsübergabe schon vermuten lies, kamen der Arbeitgeberverband ohne Angebot zu den Verhandlungen – im Gegenteil: Klargestellt wurde, dass eine Inflationsabgeltung wie auch echte Rahmenrechtsverbesserungen (z.B. Arbeitszeitverkürzung) nicht möglich seien. Die Gewerkschaften hatten sich im Vorfeld mehrheitlich auf die niedrige Forderung von 4% Lohn-/Gehaltserhöhung geeinigt (innerhalb der GPA war da jedoch ein Drittel des KV-Gremiums dagegen).
Ein Abschluss liegt damit in weiter Ferne, nachdem nichts Greifbares am Tisch liegt. Die Gewerkschaftsvertreter:innen wiesen die Haltung auch öffentlich klar zurück: „Die Beschäftigten lassen sich nicht auf der Nase herumtanzen!“ und „Wir sind nicht bereit die Rechnung für die verfehlte Budgetpolitik der Vergangenheit zu tragen!“
Doch den Worten müssen nun auch Taten folgen, so Selma Schacht, Mitglied des großen KV-Verhandlungsteams: „Eine Fotokation „4 Minuten für 4%“ wird nicht reichen. Es muss noch viel mehr Druck aufgebaut werden. Wir müssen die ganze Branche dahingehend organisieren, damit wir bei einem baldigen nächsten Schritt 4 Stunden die Arbeit niederlegen!“.
Die nächste Verhandlungsrunde findet am 13. November statt. Für den 26.November, dem Tag vor der 3.Verhandlugsrunde, werden schon Proteste mit Arbeitsniederlegungen geplant – auch in Verbindung mit Protesten gegen die massive Kürzungswelle von Bund und Ländern. Ein kämpferisches Zeichen gab gestern die Betriebsrät:innen-Konferenz in Wien:
Resolution der Betriebsrät:innen-Konferenz am 23.10. 2025 des Sozial- und Gesundheitsbereichs (WB 17) in der GPA Wien
Der Sozial- und Gesundheitsbereich befindet sich aktuell durch massive Kürzungsprogramme in Bund, Ländern und Gemeinden gewaltig unter Druck. Auch vor Wien macht diese Entwicklung nicht halt. Einsparungen, Leistungskürzungen, Um- oder Ausgliederungen stehen auf der Tagesordnung. Subventionen für wichtige Einrichtungen und Projekte werden gekürzt, die Gelder trotz Inflation und Gehaltserhöhungen nicht angehoben oder bei gleich bleibenden finanziellen Mitteln die ansteigenden Klient:innenzahlen nicht abgegolten.
2025 werden rund 500 Millionen Euro weniger an geförderte Unternehmen ausgezahlt: Beim FSW und auch bei Förderungen durch die Magistratsabteilungen (MA11 Wiener Kinder- und Jugendhilfe, MA 13 Bildung und Jugend, MA40 Soziales und Gesundheit, …) sowie im Wiener Gesundheitsverbund (WiGeV) wird durchwegs gekürzt. Für die nächsten Jahre stehen weitere massive Kürzungen ins Haus. Das bedeutet drastische Einsparungen bei den Angeboten für Klient:innen/Kund:innen wie auch ein massiver Sparstift bei den Beschäftigten und Arbeitsbedingungen.
Das betrifft Organisationen im Behindertenbereich und in Sozialökonomischen Projekten genauso wie im Beratungsbereich, der Berufsqualifizierung, der Jugendarbeit, Streetwork, Sozialarbeit, in der Flüchtlingsbetreuung und vieles mehr.
Um Angebote trotzdem noch aufrecht erhalten zu können, kürzen schon Mitarbeiter:innen ihre Wochenstunden – was bedeutet, dass oft dieselbe Arbeit mit weniger Gehalt geleistet wird.
In anderen Bereichen wird nicht „nur“ gekürzt, sondern zerstört, indem etablierten Projekte der Garaus gemacht wird. Dutzende bis hunderte engagierte Kolleg:innen verlieren ihre Jobs, hunderte bis tausende Klient:innen dringend notwendige Beratung, Betreuung und Begleitung. Jahrzehntelange Aufbau- und Pionierarbeit wird in wenigen Monaten zunichte gemacht.
Die Kürzungen bei der Mindestsicherung kommen dann noch dazu: Sie treffen genau jene Menschen, mit denen wir im Sozial- und Gesundheitsbereich tätig sind – der überwiegende Großteil sind Working Poor, Kinder, Geflüchtete, Alte und Menschen mit Behinderung. Das führt in akute Armut und Wohnungslosigkeit und verschlechtert ihre Chancen auf Bildung, Teilhabe und Integration.
Die Beschäftigten im Sozial- und Gesundheitsbereich müssen eine fortschreitende Verschlechterung der Arbeitsbedingungen in dieser ohnedies unterbezahlten Branche, in der überwiegend Frauen arbeiten, feststellen. Die Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen, die mit einer laufenden Intensivierung der Arbeit einhergehen, gehen auf Kosten der Gesundheit der Beschäftigten wie auch auf Kosten der Leistungsbezieher:nnen.
Im Gegenteil wäre aber eine finanzielle Aufstockung erforderlich, um die Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ hochwertigen Gesundheits- und Sozialleistungen dauerhaft sicher zu stellen und die über die psychischen und physischen Grenzen gehende Arbeitsintensivierung für die Beschäftigten wieder zu reduzieren.
Die Finanzierung von sozialen Dienstleistungen muss trotz Budgetminus nachhaltig gesichert und, im Gegensatz zum aktuellen Trend, auf hohem Niveau ausgebaut werden! Daher ist der gewerkschaftliche und gesellschaftspolitische Kampf gegen diese Rotstiftpolitik sowie die Forderung nach einer Sozialmilliarde wichtiger denn je.
- Die Betriebsrät:innen des privat organisierten Wiener Sozial- und Gesundheitsbereichs stellen sich entschieden gegen diese Kürzungspolitik ihrer Stadtregierung!
- Die Betriebsrät:innen-Konferenz fordert alle gewerkschaftlichen Gremien in der GPA, den anderen Fachgewerkschaften und im ÖGB auf, gegen dieses Sparpaket aktiv zu werden!
- Die Betriebsrät:innen stellen fest: Wir werden diese Kürzungen nicht akzeptieren, sondern wir kämpfen gemeinsam mit unseren Belegschaften und den uns anvertrauten Menschen und ihren Angehörigen dagegen an!
- Dazu werden wir auch die Mobilisierungen im Zuge der Kollektivvertrags-Verhandlungen nutzen, wie zum Beispiel den geplanten Protesttag am 26.November. Wir sind streikbereit!





