Statistisch gesehen arbeiten Frauen mit 1. November, dem österreichischen Equal Pay Day 2024, bis Jahresende gratis. Das heißt, rein rechnerisch haben männliche Kollegen bis heute also durchschnittlich schon so viel verdient, wie weibliche Kolleginnen in Österreich aufgrund der geschlechtsspezifischen Lohnschere bis Ende des Jahres verdient haben werden. Rechnete man, wie zur Veranschaulichung des Equal Pay Days Usus, die vorrangig weibliche „Zwangs-“Teilzeit nicht heraus, fiele der EPD sogar bereits auf Ende August.
Erst wenn am Ende des Jahres alle – egal ob Mann oder Frau – im Schnitt gleich hohe Beträge am Jahres-Lohnzettel stehen haben, wäre der „Equal Pay Day“ der 31. Dezember. Die Schere zwischen den Löhnen und Gehältern von Frauen gegenüber Männern klafft demgegenüber jedoch ungebrochen massiv auseinander. In Lohn und Brot stehende Kolleginnen verdienen nach wie vor satte 17% weniger als ihre männlichen Kollegen. Womit (ganzjährig vollzeitbeschäftigte) weibliche Werktätige über das Jahr im Durchschnitt mehr als 10.000 Euro weniger verdienen. Über das Erwerbsleben gerechnet liegen die Einkommensscheren im Land bei exorbitanten rund einer halben Million Euro (den unmittelbar daraus folgenden Pensions-Gender-Gap miteinberechnet, sogar bei zuletzt sage und schreibe an die 800.000 Euro weniger an Einkommen). Trotzdem Frauen etwa bei den Bildungsabschlüssen nicht nur aufgeholt, sondern ihre männlichen Kollegen sogar bereits überflügelt haben.
In Kalendertagen ausgedrückt arbeiten Frauen in Österreich sonach ab heute im Schnitt 61Tage, oder exakt 2 Monate, gratis – und damit einen bloß läppischen Tag weniger als im Vorjahr. Und in zahlreichen einzelnen Bundesländern ist die Lohndiskriminierung sogar noch höher. So fiel der Equal Pay Day in Vorarlberg bereits auf den 7. Oktober (oder bemisst sich auf 86 Tage oder knapp 3 Monate). Aber auch Oberösterreich (17. Oktober) oder Tirol (21. Oktober), bzw. auch Niederösterreich (31. Oktober) sowie andere Bundesländer hatten aufgrund ihrer noch über dem gesamtösterreichischen Schnitt liegenden Lohn- und Gehaltskluft ihren Equal Pay Day, der sich in Österreich über die Bundesländer insgesamt heuer von7. Oktober bis 22. November streckt, schon nochmals früher. Und für weibliche Beschäftigte mit Migrationshintergrund klafft die Lohnschere noch ein gutes Stück weiter auseinander und weist mit 25% sogar eine Lohndiskriminierung von einem satten Viertel auf.
Und die österreichische Lohnschere ist noch viel beschämender als gemeinhin bekannt. Dahingehend schneidet Österreich vielmehr auch international besonders schlecht ab – und belegt seit Jahrzehnten einen der hintersten Plätze in Europa.
Dieses tiefe Lohngefälle hat aber nicht nur massive bis drastische akute Armutswirkungen, wie Niedriglöhnerei, Armutsgefährdung und ein regelrechtes Abrutschen in Armut trotz Arbeit, sondern befördert auch von Neuem manifeste materielle Abhängigkeiten der Frauen von Männern und zeichnet vielen Kolleginnen schnurstracks den Weg in die Altersarmut vor.
Um die spezifische geschlechtliche Lohnschere, sprich: Differenz in der durchschnittlichen Bezahlung von Frauen und Männern zu veranschaulichen, fußen die Berechnungen des Equal Pay Days auf den durchschnittlichen Bruttojahresbezügen der ganzjährig Vollzeitbeschäftigten. Nicht enthalten sind folglich Teilzeitbeschäftigte und die grassierende „Zwangs-“Teilzeit für Frauen sowie diversen Prekarisierungen. „Berücksichtigt man auch Teilzeitbeschäftigte, die noch dazu in den meisten Fällen weiblich sind (in Österreich arbeitet die Hälfte der Frauen in Teilzeit)“, so das Momentum Institut vor zwei Jahren, „schnellt der GPG (Gender Pay Gap) auf satte 36 Prozent hoch. Zieht man diese beträchtliche Einkommensschere zur Errechnung des EPD heran, landen wir [2022] mit etwa 131 unbezahlten Arbeitstagen von Frauen beim 22. August“, errechnete Momentum im Vorvorjahr – und wird auch heuer bei rund einem 1/3 liegen. Nun lässt sich eine solche Berechnung aus statistischer Perspektive, der es um die sogenannte „bereinigte Lohnlücke“ geht (d.h. unter Herausrechnung der Einflüsse die sich aus der unterschiedlichen Art der Beschäftigung ergeben), natürlich mit Fragezeichen versehen – was aber nichts an den Arbeits- und Lebensrealitäten ändert. Denn die Diskriminierung beginnt bei der Einstellung, den Tätigkeitsbereichen, den Beschäftigungsformen, den Gehaltseinstufungen, strukturellen Benachteiligungen usw. usf. – sowie den Einkommensdifferenzen der unterschiedlichen Beschäftigungssektoren (Stichwort: sogenannte „Frauenbranchen“ wie Handel oder Care-Sektor).
Umso mehr gälte es denn auch, diesem Skandal in den aktuellen KV-Runden vom Handel, über die Reinigung zur Sozialwirtschaft als davon besonders betroffene Berufsgruppen konsequent und kämpferisch entgegenzusteuern. Mit dem gewerkschaftlich ausgerufenen Mindestlohn und -gehalt von 2.000 in allen Kollektivverträgen liegt im Grunde auch ein konkretes, über die mauen Forderungen hinausgehendes Kampfziel auf dem Tisch. Denn auch Teilzeitbeschäftigte zahlen ganze Energierechnungen, Einkäufe und Mieten und trifft die volle Inflation. Zusätzlich braucht es mit dem Ziel einer „kurzen Vollzeit“ für alle einer Anhebung der Einkommen für Teilzeitlerinnen per genereller gesellschaftlicher Arbeitszeitverkürzung.