Die Kette der Justizmorde, Justizverbrechen, Rache- und Klassenjustiz in den USA

August Spies, Georg Engel, Adolf Fischer, Richard Parsons – Joe Hill – Tom Mooney – Sacco und Vanzetti – Julius und Ethel Rosenberg – Gus Hall – Angela Davis – Mumia Abu Jamal

Diesen Donnerstag, 9. November, jährt sich der 40. Jahrestag der Inhaftierung des US-Bürgerrechtlers, afroamerikanische Journalist und linken Aktivisten Mumia Abu-Jamal, einem der bekanntesten politischen Häftlinge der Gegenwart. Und wie die Gründungsurkunde der USA durch Völkermord, Sklaverei und Kriege gekennzeichnet ist, ist es ihre spätere Entwicklung durch Justizverbrechen und Justizmorde gegen Linke. Diese Kette, in die sich der Fall Mumias nahtlos einreiht, wirkt denn auch bis heute ungebrochen fort.

Tod durch den Strang für die Kämpfer um den 8-Stunden-Tag Chicago 1886

Die Geschichte der US-amerikanischen ArbeiterInnenbewegung und Linken ist gespickt von Justizskandalen und Justizmorden. Und das bereits im direkten Konnex der 1890 erfolgten Festlegung des Internationalem Kampftags der Arbeiterklasse. Ein Datum, dem im bewussten Gedenken an die blutigen Ereignisse des 1. Mai´s 1886 in Chicago, zugleich die Dimensionen des Blutzolls und der Opfer der Klassenjustiz des Kampfes der ArbeiterInnen- und Gewerkschaftsbewegung für die Interessen und Forderungen der Arbeitenden und Unterdrückten sowie um den historischen Fortschritt unaufhebbar eingeschrieben sind.

Es war ein herrlicher Frühlingstag, an welchem tausende und abertausende Arbeitende unterschiedlicher Herkunft und vielfältiger Weltanschauung seinerzeit in Chicago in den Streik traten und für den 8-Stunden-Tag demonstrierten. Aber nicht nur in Chicago, auch in New York, Philadelphia, Louisville, Saint Louis, Millwaukee und Baltimore traten damals rund 400.000 ArbeiterInnen aus insgesamt 20.000 Betrieben in den Streik um die geforderte Arbeitszeitverkürzung. Der Streik bildete den Höhepunkt der schon länger andauernden Kampagne und Massenbewegung für den 8-Stunden-Tag. Der 1. Mai war in den USA zugleich der traditionelle Tag des Abschlusses neuer Arbeitsverträge. Demgemäß forderten die Werktätigen denn in ihrem Arbeitskampf auch nachdrücklich die Aufnahme des 8-Stunden-Tags in die neuen Arbeitsverträge.

Ein Arbeitskampf, der von den Unternehmern sogleich mit Massenentlassungen beantwortet und, unter Zuhilfenahme von Streikbrechern und Provokateuren, schließlich im Polizeiterror ertränkt wurde. Am 3. Mai kam es in Chicago danach zu einem blutigen Zwischenfall zwischen Streikenden und der Polizei. Tags drauf, am 4. Mai fand daraufhin eine Protestversammlung auf dem Haymarket in Chicago statt. Als die Polizei anrückte wurde von gedungenen Provokateuren eine Bombe gezündet. Die Polizei eröffnet daraufhin umgehend das Feuer auf die ArbeiterInnenkundgebung (Haymarket-Affäre).

Neben den zahlreichen erschossenen Arbeitern wurde im Anschluss über acht Arbeiterführer in einem Schauprozess, obwohl ihnen keinerlei Schuld an dem Anschlag nachzuweisen war, die Todesstrafe verhängt. Trotz massiver Proteste im In- und Ausland wurde diese an vier von ihnen am 11. November 1887 vollstreckt und August Spies, Georg Engel, Adolf Fischer und Richard Parsons gehenkt. Der Zimmermann Louis Lingg wurde bereits vor seiner Hinrichtung ermordet in seiner Zelle aufgefunden. 1893 mussten die Urteile dann wegen erwiesener Unschuld aufgehoben werden.

Im unauslöschlichen Gedenken an die Chicagoer Mai-Ereignisse legte der Internationale Sozialistenkongress dann auch den 1. Mai als internationalen Kampftag der Arbeit fest, der von der ArbeiterInnen- und Gewerkschaftsbewegung wie von der internationalen Linken und den revolutionären Befreiungsbewegungen seither begangen wird.

Sacco und Vanzetti – der US-Justizmord 1927

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wanderten Jahr für Jahr rund 1 Million Menschen aus Europa in die Neue Welt aus. Unter ihnen 1908 auch die beiden jungen Italiener Nicola Sacco (17 Jahre) und Bartolomeo Vanzetti (20 Jahre), um, wie Letzter schrieb, „dort … ein freies, besseres, volleres Leben zu finden“. Als Arbeitsmigranten standen sie allerdings auf einer der unteren Sprossenleitern der amerikanischen Gesellschaft. Vanzetti schrieb denn auch enttäuscht über seine an der harten Realität des ‚Landes der unbeschränkten Möglichkeiten‘ geplatzten Träume: „Wir arbeiten abwechselnd zwölf bis vierzehn Stunden am Tag. Unser Lohn war schimmeliges Essen, das kaum Hunde gefressen hätten, und fünf bis sechs Dollar die Woche.“ Die Antwort auf diese Umstände fand Vanzetti auf seiner Suche nach Erklärungen in sozialistischen Schriften und im „Kapital“, die er – ebenso wie literarische Werke Viktor Hugos oder Emile Zolas – bis tief in die Nacht las. Sacco seinerseits war schon in jungen Jahren, noch in Italien, eingehender mit sozialistischem Gedankengut in Berührung gekommen. Beide fanden denn auch alsbald Anschluss an linke Zirkel (allem voran die unter italienischen Emigranten starke anarchistische Bewegung um Luigi Galleani) und den Weg in die Gewerkschaft, um klassenbewusst für die Verbesserung ihrer Lebenslage zu kämpfen.

Am 5. Mai 1920 endete allerdings abrupt ihr normales Leben. Beide wurde verhaftet. Zunächst des Raubüberfalls auf einen Geldtransport angeklagt, erweiterte die Staatsanwaltschaft die Anklage bald auf Mord. Immer eindringlicher trat dabei der rein politische Charakter des Prozesses gegen die revolutionäre ArbeiterInnenbewegung hervor. Als solcher fand er dann auch in der internationalen Presse immer stärkere Schlagzeilen und mediales Echo. Plötzlich waren sie vor allem „gefährliche rote Agitatoren“, auf der Anklagebank saß nun der „internationale Bolschewismus“. Vor dem Hintergrund der Oktoberrevolution hatte die USA gerade eine regelrechte Hexenjagt gegen „Rote“ und „Anarchisten“ entfacht. Politisch linke oder gewerkschaftlich aktive ArbeitsmigrantInnen wurden reihenweise ausgewiesen und schnurstracks in ihre ehemaligen Herkunftsländer abgeschoben, abertausend andere justiziell verfolgt

Der Prozess gestaltete sich als einzige Farce. Sacco und Vanzetti und ihr Verteidiger widerlegten in ihm Stück für Stück die Anklage. Nicht weniger als 105 Zeugen, darunter auch ein Konsulatsangehöriger Italiens, bestätigten, dass die beiden zum Tatzeitpunkt ganz wo anders ihre Beschäftigungen verrichteten. Die von der Staatsanwaltschaft aufgefahrenen angeblichen ‚Zeugen‘ hingegen verstrickten sich demgegenüber auch immer wieder in handfeste Widersprüche oder zogen ihre Aussagen später wieder zurück. Aber das – dann am 9. August 1927 auch gefällte – Urteil der US-Klassenjustiz stand bereits von Beginn anfest: Tod auf dem elektrischen Stuhl für die beiden Arbeiterführer. Richtung Vanzetti gerichtet erklärte Richter Webster Thayer unverblümt: „Auch wenn er das Verbrechen, das ihm zugeschrieben wird, nicht begangen haben sollte, ist er trotzdem der moralische Schuldige, denn er ist ein Feind unserer bestehenden Einrichtungen.“ Vor einem Freund prahlte er beim Golfspielen wiederum: „Hast du gesehen, wie ich gestern mit den anarchistischen Bastarden umgegangen bin? Das wird sie wohl ein Weilchen beschäftigen.“ Wie Staatsanwalt Katzmann stand auch Richter Thayer teils in Verbindung mit offen rassistischen und faschistoiden Vereinigungen. Entsprechend nutzte es denbeiden Angeklagtenauch nichts, dass selbst ein früherer Justizagent eidesstaatlich erklärte, dass auch die Bundesbehörden um die Unschuld von Sacco und Vanzetti wissen, aber trotzdem auf deren Hinrichtung hinarbeiten – oder der zum Tode verurteilte Raumörder, Celestino Madeiros, kurz vor seiner geplanten Hinrichtung aussagte, am besagten Raubüberfall beteiligt gewesen zu sein und versicherte, dass die beiden mit der Angelegenheit nicht das Geringste zu tun hatten. „Ich weiß“, so resümierte Sacco seinerseits vor Gericht denn auch, „das ist ein Klassenurteil, ein Urteil der herrschenden Klasse gegen die unterdrückte Klasse, und die Zusammenstöße dieser beiden Klassen werden nicht aufhören … Ich stehe heute hier, weil ich ein Angehöriger der unterdrückten Klasse bin. Sie sind der Unterdrücker!“

Der Fall bewegte die Werktätigen und klassenbewussten ArbeiterInnen der Welt damals wie kaum ein anderer. Das ungeheuerliche Skandal-Urteil löste denn auch eine riesige internationale Protestwelle, samt mächtiger Demonstrationen und Solidaritätsstreiks quer über den Globus, Protesten und einer in Windeseile von über einer Million Menschen unterzeichneten Petition für ihre Begnadigung aus. Nicht nur in der internationalen Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung – in der KommunistInnen, SozialistInnen, AnarchistInnen und andere in seltener Eintracht bis zur letzten Minute um das Leben von Sacco und Vanzetti rangen – sondern auch unter unzähligen namhaften Persönlichkeiten, die sich wie Albert Einstein oder Kurt Tucholsky für die beiden einsetzten und stark machten. Doch vergebens. In der Nacht vom 22. auf 23. August 1927 vollzogen die US-Behörden nach siebjährigem Martyrium den Justizmord. „Es lebe die Anarchie“, rief der Anarchist Nicola Sacco, während ihn die Justizbeamten an den elektrischen Stuhl banden, noch als letzte Worte aus.

Upton Sinclair und Howard Fast setzten den beiden aufrechten Arbeitern mit ihren Romanen „Bosten“ und „Sacco und Vanzetti. Eine Legende aus Neuengland“ jeweils literarische Denkmäler, Franz-Josef Degenhardt im deutschsprachigen Raum wiederum mit seinem nach ihnen benannten Song „Sacco und Vanzett“. Nazim Hikmet widmete ihnen ein Gedicht. Und Ennio Morricone komponierte ihnen mit seinem, von Joan Baez gesungenen, Soundtrack zum 1971 erschienen Film „Here’s to You (Niccola and Bart)“ eine internationale Hymne.  

1977, genau 50 Jahre nach ihrer Hinrichtung, erfolgte durch den damaligen Gouverneur von Massachusetts, Michael S. Dukakis, ihre weitgehende Rehabilitierung. Die beiden seien augenscheinlich Opfer eines Justizmordes, da die Hingerichteten „keinen fairen Prozess hatten, weil Richter und Staatsanwalt voreingenommen gegen Ausländer und Dissidenten waren, weil im Prozess ein Klima politischer Hysterie geherrscht hat“. „Jede Stigmatisierung oder Entwürdigung ist damit für immer von den Namen Nicola Sacco und Bartolomeo Vanzetti zu tilgen.“

Joe Hill – die Exekution des Gewerkschafters, Arbeiterdichters und Singer/Song-Writers 1915

Schon über ein Jahrzehnt zuvor sorgte die Exekution des legendären Gewerkschafters, Arbeiterdichters und Singer/Songwriter Joe Hill am 9. November 1915 für einen weltweiten Aufschrei. Die ebenfalls konstruierte Anklage lautete auch bei ihm auf Mord. Wie Sacco und Vanzetti war auch Hill (eigentlich: Joel Emmanuel Hägglund, der sich um seines Traums eines neuen Lebens in der Neuen Welt und um seiner neuen angloamerikanischen Identität Ausdruck zu verleihen in Jospeh Hillstrom, kurz: Joe Hill umbenannte) ein Einwanderer, der 1902 23-jährig mit seinem Bruder Paul aus Schweden in die Staaten auswanderte. Nach dem frühen Tod seines Vaters bei einem Arbeitsunfall schon von Kindheit an gezwungen schwer zu schuften, verdingte er sich in den USA als Wanderarbeiter: unter anderem als Taglöhner, Erntehelfer, in einer Maschinenfabrik und als Hafenarbeiter. 

Auf dem Hintergrund der dabei gemachten Erfahrungen trat er um 1910 der IWW (der Gewerkschaft Industrial Workers oft he World) bei und engagierte sich bei den Wobblies nicht zuletzt für einen kämpferischen Internationalismus. Die – von militanten Arbeiterführern und Anarchisten gegründete und politisch geprägte – IWW zeichnete sich neben ihrer Militanz und anarchistisch inspirierten Ausrichtung seinerzeit daneben vor allem darin aus, in ihren Kämpfen im Stahlsektor und der Industrie sowohl Facharbeiter und ungelernte Arbeiter betont zusammenzuführen sowie die Kämpfe über ethnische und sprachliche Grenzen hinweg zu organisieren. Entsprechend war sie in ihrem Erscheinungsbild auch von einer Vielzahl an Sprachen geprägt und versuchte zudem, bewusst von der traditionellen US-amerikanischen Gewerkschaftsbewegung vernachlässigte Teile der Klasse wie Wanderarbeiter und nicht zuletzt auch Frauen gewerkschaftlich zu organisieren.Die lange Zeit mangelnde Einbeziehung und Organisierung der ungelernten Arbeiter, Wanderarbeiter, sowie aller ethnischen Gruppen und weiblichen Beschäftigten, hielt auch der bekannte Gewerkschafter und spätere langjährige Vorsitzende der Kommunistischen Partei der USA, William Z. Foster, für einen der Kardinalfehler der Gewerkschaftsbewegung. Dementsprechend setzte sich die Vereinigte Gewerkschaft der Eisen-, Stahl und Zinnarbeiter der USA auch fast ausschließlich aus hochqualifizierten Facharbeitern zusammen, ignorierte jedoch die Masse der ungelernten und weiterer Teile der Arbeiterschaft.  Als IWW-Organizer beteiligte sich nun wiederum Joe Hill noch im selben Jahr seines Beitritts an den, von den Wobblies initiierten, heftigen „Free Speech“-Kämpfen in Kalifornien um die politische Versammlungsfreiheit. Eine von 1909 – 1911 auch in anderen Gebieten hart ausgefochtene Kampagne der jungen, erst 1905 gegründeten Gewerkschaft.

Inspiriert von den Ideen des bekannten libertären mexikanischen Revolutionärs Ricardo Flores Magón, der seinerseits für Mexiko immer wieder auf die unumgängliche Einheit der ArbeiterInnen von Stadt und Land hinwies, beteiligte sich Joe Hill danach 1911 an einer kleinen, von Magón in Los Angeles zusammengestellten kleinen Gruppe von Guerilleros vorübergehend auch kurz an der Mexikanischen Revolution. Die von Magón formulierte zentrale Losung „Land und Freiheit!“ sollte dann vor allem im Kampf der revolutionären Kräfte um und unter Emiliano Zapata und Pancho Villa zur vollen Wirkmächtigkeit gelangen. Hill selbst kehrte wieder in die USA zurück, half Streiks mit zu organisieren und wurde 1913 schließlich IWW-Sekretär im Hafenviertel von Los Angeles. In dieser Zeit avancierte er auch zum Streikredner und entdeckte und reifte sein Talent als Arbeiterdichter und Singer/Song-Writer. Mit seinen rebellischen Songs und Streik-Liedern wurde er bald berühmt, und gilt heute als wichtigster Pionier der US-Folkmusik und künstlerische Inspirationsquelle für Woody Guthrie und Bob Dylan. MusikerInnen wie Pete Seeger, Billy Bragg und Joan Baez besangen ihn. Paul Robeson nahm ihn in sein Repertoire auf. Und selbst Bruce Springsteen verneigte sich mit dem nach Joe Hill benannten Song vor dem Märtyrer der US-amerikanischen Gewerkschaftsbewegung.

Im Jänner 1914 kassierten die US-Behörden den unliebsamen revolutionären Gewerkschafter unter fadenscheiniger Anklage eines angeblichen Doppelmords am Ladenbesitzer John G. Morrison und dessen 17jährigen Sohn Arling am 10. Jänner desselben Jahres, für die es weder die Spur eines glaubwürdigen Hinweises gab, noch ein Motiv Hills namhaft gemacht werden konnte. Im Gegenteil. Auch die Öffentlichkeit gewann aufgrund der Faktenlage schnell den Eindruck, dass der Hill-Prozess vorrangig darauf abzielte, die aufstrebende IWW als eine Vereinigung kaltblütiger Kindsmörder und Verbrecher brandmarken und ihr den Garaus machen zu wollen. Entsprechend infam wurde vor Gericht als „Beweis“ auch ein Schreiben des Polizeichefs von San Pedro (dem Hafenviertel in Los Angeles, in dem Hill Sekretär der Wobblies war) verlesen, in dem es in kaum zu wünschen übriglassender Offenheit hieß: „Mir gelangte zur Kenntnis, dass Sie einen Joseph Hillstrom wegen Mordes verhaftet haben. Sie haben den richtigen Mann. Er ist gewiss ein unerwünschter Bürger. Er ist so etwas wie ein Musiker und Verfasser von Liedern für das IWW-Liederbuch“, so der Polizeichef, dem Hills Arbeit unter den Hafenarbeiten schon länger ein Dorn im Auge war und der mit Joe Hill darob bereits in Konflikt geraten war. Wichtige Entlastungsmaterialien wurden demgegenüber bewusst zurückgehalten. Aber auch im Falle Hills konnte die gewerkschaftliche Solidaritätskampagne, die auch international großen Widerhall fand, das Urteil nicht abwenden. Selbst eine politische Intervention des US-Präsidenten Woodrow Wilson gegen das Urteil dieses offensichtlichen Schauprozesses und seines für jederman und jederfrau fragwürdigen Verfahrens konnte die US-Henker-Fraktion nicht mehr stoppen.

Im unmittelbaren Anschluss konstruierten die US-Behörden und die US-Justiz vielmehr den nächsten „Fall“ und verhafteten den Gewerkschaftsaktivisten und Sozialisten Tom Mooney auf Grundlage falscher Beschuldigungen. Dem vielfachen Streikführer wurde ein Bombenanschlag 1916 in San Francisco zur Last gelegt. Mooney wurde daraufhin 1917 zum Tode durch den Strang verurteilt, das Todesurteil aufgrund der zweifelhaften „Beweis“lage sowie anhaltender Proteste 1918 allerdings in lebenslange Haft umgewandelt. Nachdem das Urteil als immer zweifelhafter erschien, wurde er 1939 begnadigt und 1941 – 9 Monate vor seinem Tod – aus der US-Bundeshaftanstalt San Quentin entlassen. Knapp 60-jährig verstarb er dann im folgenden Jahr am 6. März 1942 in Kalifornien. Es brauchte noch fast 20 Jahre bis (lange nach seinem Tod) 1961 auch seine offizielle Rehabilitierung erfolgte und die gegen ihn erhobene Anschuldigung und das gegen ihn verhängte Urteil als euphemistisch „Justizirrtum“ genannt eingestanden wurde.

Das Urteil gegen Joe Hill wurde hingegen vollstreckt. In einem seiner letzten Briefe verabschiedete er sich schließlich mit den Worten vom Leben: „Ich sterbe wie ein wahrer Arbeiterrebell. Verschwendet keine Zeit mit Trauer, organisiert euch!“

Wie weit das Kapital und die reaktionärsten Kräfte zu gehen bereit waren und sind, unterstrich kurz darauf nochmals der große Stahlarbeiterstreik 1919, in dessen Verlauf 22 Arbeiter getötet wurden. In diesem Streik trat allerdings schon eine neue Generation, wie namentlich William Z. Foster hervor, der dieser Klassenschlacht in den USA auch ein Buch, „Der große Stahlarbeiterstreik“, widmete.

Joe Hill wiederum setzte literarisch insbesondere John Dos Passos, der große sozialrealistische US-Schriftsteller, 1932 in seinem Roman „1919“ ein Denkmal.

Opfer der Hysterie und Kommunistenjagd: Julius und Ethel Rosenberg 1953

Als eindeutiges Komplott erwiesen, ist ebenso das Schicksal der am 19. Juni 1953 am elektrischen Stuhl hingerichteten Rosenbergs. Nach Umschwenken der USA von der Anti-Hitler-Koalition in den Kalten Krieg, den weltpolitischen Umbrüchen und Kräfteverschiebungen (vom Sozialistischen Lager bis zur Chinesischen Revolution 1949), dem beginnenden Koreakrieg 1950 (der mehr als 4 Millionen Menschen, überwiegend KoreanerInnen und Chinesen, aber auch etwa 37.000 US-Soldaten, das Leben kostete) und den rasanten Fortschritten der nuklearen Nachrüstung der Sowjetunion, entfachten die herrschenden monopolkapitalistische Kreise und das politische Establishment in den Vereinigten Staaten eine beispiellose antikommunistische Hysterie und Hatz.

Das bekannte „Tüpfelchen auf dem i“ in dieser Hexenjagd auf KommunistInnen und Linke markierte dabei der Vorwurf der „atomaren Spionage“. Allein ein arglistiger Spionageakt könne die Sowjetunion in die Lage versetzt haben, das bisherige US-Atomwaffen-Monopol zu durchbrechen. Als Hauptschuldige des Aufstiegs der UdSSR galten aus US-Sicht damals sonach „Atomspione“. Der berüchtigte FBI-Chef J. Edgar Hoover wies daraufhin seine Kamarilla an, einen spektakulären Spionagefall aufzuziehen. Opfer der Paranoia wurde schließlich das Ehepaar Julius und Ethel Rosenberg. Am 17. Juli 1950 wurde Julius Rosenberg, am 1. August dann auch Ethel unter der Bezichtigung der „Atomspionage“ verhaftet. Da das FBI keinerlei Beweise beibringen konnte, präparierte es David Greenglass (Ethels Bruder) und konstruierte um ihn und seine Frau als Hauptbelastungszeugen, unter Mithilfe der CIA, den von oben angewiesenen Spionagefall. Greenglass hatte nicht nur ein angespanntes Verhältnis zu seinem Schwager, sondern den Behörden war auch bekannt, dass er während des Krieges als Mechaniker im US-Entwicklungszentrum für Atomwaffen in Los Alamos immer wieder mal Radioröhren und Spezialfilme entwendet hatte. Die Entwendung von Utensilien aus dem streng geheimen Forschungszentrum zur Entwicklung und dem Bau US-amerikanischer Atombomben fiel natürlich nicht unter „normalen“ Diebstahl, sondern hätte im Falle einer Verurteilung durchaus ein gehöriges Strafmaß nach sich gezogen. Zudem setzten ihn die US-Behörden auch mit Drohungen gegen seine Frau Ruth, die als Teil eines pro-sowjetischen „Spionagerings“ verdächtigt wurde, unter Druck. Gegen sie wurde danach in der Tat nie Anklage erhoben.

Julius Rosenberg, Elektroingenieur und Mitglied der Kommunistischen Partei der USA, unterhielt zu diesem Zeitpunkt ein Radiogeschäft. Ethel, kaufmännische Angestellte und ihrerseits ebenfalls Mitglied der KP der USA, wiederum, beteiligte sich schon in jungen Jahren an ihrem ersten Streik und sammelte in auch Erfahrungen mit Streikbrechern – die sie und weitere rund 150 mutige junge Arbeiterinnen und Bürokräfte blockierten, in dem sie sich vor die Lastwagen welche die Streikposten der Spedition durchbrochen hatten legten, um die Fahrer an der Weiterfahrt zu hindern. Am Ende des Streiks wurde sie gefeuert, legte dagegen Beschwerde ein und gewann die Anfechtung ihrer Entlassung. „Es liegen weder Beschwerden noch Beweise dafür vor, dass sie ihre Aufgabe als Angestellte vernachlässigt hat. Die ablehnende Haltung [der bestreikten Spedition] gegenüber Ethel Greenglass erwuchs vielmehr daraus, dass sie eine aktive Gewerkschafterin ist“, wie es im Urteil hieß. Und eine solch aktive Gewerkschafterin blieb sie auch die Folgejahre, in deren politischen Kontext sie auch Julius Rosenberg kennenlernte.

Um seine eigene Haut zu retten, bezichtigte David Greenglass (und in Folge auch seine Frau Ruth) Julius und Ethel der „Atomspionage“. Er selbst arbeitete seit 1944 als einfacher Maschinist in Los Alamos und beschuldigte seinen Schwager nun, von ihm geheime technische Planunterlagen, eine Atombombenskizze und Erläuterungen sowie weitere Informationen eingefordert zu haben, die seine Schwester dann (aufgrund seiner unleserlichen Handschrift) auf der Schreibmaschine für die Sowjets abgeschrieben hätte. Damit war auch für Ethel der Tatbestand der aktiven Mitbeteiligung unterstellt, obwohl die US-Geheimdienste aus dem von ihnen entschlüsselten Funkverkehr wussten, dass nach Moskau bloß irgendwelche für die Entwicklung einer sowjetischen Atombombe irrelevanten handschriftliche Notizen gelangten.Wie er in seiner untergeordneten Position an solche gelangt sein sollte, blieb im Prozess freilich ebenso offen und unbeantwortet, wie damals natürlich auch der Umstand geheim, dass der sowjetische Geheimdienst, der Greenglass auch seinerseits kurz einem Blick unterwarf, diesen aufgrund seiner mangelnden wissenschaftlichen Qualifikation und niedrigen Funktion in Los Alamos als untauglich für Kundschaftertätigkeiten erachtete.

Am 6. Februar 1963, zehn Jahre nach ihrer Hinrichtung, entschied ein Berufungsgericht in Washington, die Rosenbergs hätten, lebten sie noch, Anspruch auf Wiederaufnahme des Verfahrens. Im Sommer 1970 veröffentlichte dann auch James V. Bennett, ranghöchster Gefängniswärter der USA von 1937 bis 1964 seine Memoiren, in denen er schilderte, wie man Julius Rosenberg in seinen letzten Lebensstunden im Kuhhandel gegen eine Belastung seiner Partei noch ein letztes Mal zu ködern versuchte. „Ihre stillschweigende Freilassung ist eine Frage von Stunden – Präsident Eisenhower ist in alles eingeweiht. Das würde natürlich auch für Ihre Frau gelten“, unternahm Bennett „im Auftrag der Regierung“ noch einen letzten Versuch im Angesicht des wartenden elektrischen Stuhls eine getürkte Belastung der KP-Führung zur weiteren Kommunistenjagd zu ergattern. Doch vergeblich. Rosenberg war nicht bereit seinen Kopf auf Kosten irgendwelcher Beschuldigungen seiner GenossInnen als angebliche Anstifter oder der vom FBI und der CIA geforderten Denunziationen zu retten. Er blieb standhaft, seinen Überzeugungen treu bis in die letzten Stunden und verriet seine Sache auch nicht angesichts der auf ihn wartenden US-Henker.

Dieser Denunziations-Köder für Julius Rosenberg rückt aber noch mehr ins Licht. Ethel wurde ihrerseits kein derartiger Kuhhandel unterbreitet. Die US-Regierung und das FBI wussten, wie heute bekannt, von Seiten der US-Spionage aus dessen Venona-Projekt (dem es gelang den kodierten Nachrichtenverkehr der sowjetischen Vertretungen in den USA zu entschlüsseln), dass sie keinerlei kundschafterliche Verbindungen unterhielt. Die Ermittlungen der US-Spionageabwehr waren eindeutig: Ethel Rosenberg war zu keinem Zeitpunkt ihres Lebens als Agentin für die Sowjetunion tätig. Entsprechend war die Frage an Julius Rosenberg kurz vor seiner Hinrichtung auch einzig: „Hatte Ihre Frau Kenntnis von Ihren Aktivitäten?“. Schon ihre Verhaftung dürfte, worauf heutige Erkenntnisse hindeuten, vor allem erfolgt sein, um ihren Mann unter Druck zu setzen und ein Geständnis zu erpressen. Entsprechend schloss das Federal Bureau auch noch in einer letzten, kurz vor ihrer Hinrichtung verfasste Analyse, auf keinerlei Spionagetätigkeit. „All das zeigt“, so ihr Sohn Robert vor wenigen Jahren, „dass die US-Regierung Ethel in dem Wissen hinrichten ließ, dass sie sich der Straftat, der sie angeklagt war, nicht schuldig gemacht hatte.“

In Richter Irving Kaufman, der den Schauprozess gegen die Rosenbergs in beinahe schon pathologischem Hass führte, hatten die US-Behörden ein zusätzlich willfähriges Instrument in Händen. Die Weitergabe von wissenschaftlich-technischen Erkenntnissen an die Sowjetunion, gar des „größten wissenschaftlichen Geheimnis der Menschheit“, waren für Kaufman ein Verbrechen „schlimmer als Mord“.  Den Prozess eröffnete er erst, nachdem Julius Rosenberg sich geweigert hatte, die wegen angeblicher „Verschwörung zum gewaltsamen Umsturz der Regierung“ ebenfalls in Haft befindlichen zentralen Führer der Kommunistische Partei der USA als Preis für seine dann zu arrangierende Entlassung zu denunzieren. Wenig verwunderlich hatte der Prozessrichter, wie aus einer zwischenzeitlich freigegebenen FBI-Akte ersichtlich ist, das Todesurteil gegen Julius Rosenberg schon festgelegt, bevor das Verfahren überhaupt abgeschlossen war. Den im Prozess Mitangeklagten Morton Sobell wiederum, verdonnerte er als Mitverschwörer zu 30 Jahren Haft.

Das Todesurteil 1951 auf Grund der auch für die Öffentlichkeit sichtlich erheblich zweifelhaften, falschen Zeugenaussagen sowie der ebenso gefälschten, aber dennoch selbst aus Sicht einer aufsehenerregenden Artikelserie des New Yorker „National Guardian“ äußerst schwachen Indizien, rief eine Welle internationaler Empörungen und weltweite Protestaktionen, Demonstrationen und Solidaritätsbekundungen hervor. Namhafte Persönlichkeiten ergriffen öffentlich Partei für das Ehepaar, darunter auch Albert Einstein, den der ehemalige Vorsitzende des „Komitees zur Untersuchung unamerikanischer Umtriebe“ Thomas Rankin kurzerhand „den größten Schwindler, den die Welt jemals gekannt hat“ nannte.

Nach dem Ende der Sowjetunion brach dann (1996 bzw. 1997) auch der ehemalige sowjetische Geheimdienstler Alexander S. Feklisow das Schweigen, der während des Zweiten Weltkriegs mit Rosenberg in Verbindung stand und ab Anfang der 1960er Jahre in der diplomatisch abgeschirmten Residentur des KGB (unter dem Decknamen Alexander Fomin) als Agent in Washington stationiert war und arbeitete. Ethel Rosenberg, so stellte auch er in einem Dokumentarfilm klar, hatte entgegen der ganzen Prozess-Farce zu keinem Zeitpunkt Kontakt zu sowjetischen Geheimdiensten unterhalten. Julius Rosenberg sei der Sowjetunion zwar wie Tausende Linke und AntifaschistInnen in härtesten Kriegszeiten – auch mit Informationsbeschaffungen – zur Hilfe gekommen, in die sowjetische Atomspionage war er allerdings nicht verwickelt.„Er war vom Kommunismus fest überzeugt und kam der Sowjetunion in der Stunde der größten Not – nach dem Überfall Hitlerdeutschlands – zu Hilfe.“ So habe er der Sowjetunion damals Informationen geliefert, auch auf dem Gebiet der Radartechnik, um den Verlauf und Ausgang des Krieges nach Kräften zugunsten eines Sieges der SU gegen den Nazi-Faschismus zu unterstützten. Mit Beschaffung geheimer technischer Planunterlagen zur Nuklearentwicklung der Sowjetunion oder einer Aushändigung irgendwelcher Atombombenskizzen hatte er indes nichts zu tun. Selbst die „International Herald Tribune“ bemerkte anlässlich Feklisows Bruch des Schweigens: „Bis die westlichen Alliierten im Juni 1944 die zweite Front eröffneten, hatte Russland die ganze Last der Verteidigung der Menschheit gegen die deutsche Aggression zu tragen. Deshalb gab es keinen Mangel an idealistisch gesonnenen jungen Kommunisten in Amerika und Westeuropa, die bereit waren, das erste sozialistische Land der Welt auf jede nur erdenkliche Weise zu unterstützen.“ Zwischenzeitlich liegen mit der Öffnung der Archive des sowjetischen Geheimdienstes weitere Quellen offen, die Feklisows Ausführungen untermauern. Weder hat Julius Rosenberg eine Atomwaffenskizze übergeben, der bezichtigt er angeklagt und hingerichtet wurde, noch waren die von ihm übermittelten Information für das Gebiet der Entwicklung der sowjetischen Atombombe relevant. Während die sowjetischen Archive zum Fall Rosenberg heute der Forschung offenstehen, weigert sich die US-Regierung bis dato, alle FBI-Protokolle und Akten frei zu geben. Offengelegt wurden vor einigen Jahren allerdings die Vernehmungsprotokolle der Grand Jury des Falls der Rosenbergs. Und diese enthalten durchaus Brisanz, bezeugen auch sie, dass es weder irgendeinen Beweis für die angebliche „Atomspionage“ gab, wie, dass Aussagen vor der Jury für das Gerichtsverfahren im Nachhinein verändert, umgedeutet und gefälscht wurden. 2001 gestand David Greenglass, auf dessen Aussagen als Kronzeuge sich das Todesurteil berief, in einem TV-Interview dann selbst ein, in den Vernehmungen falsch ausgesagt und vor Gericht gelogen zu haben.

Den federführenden US-Behörden war sonach sowohl klar, dass sie sowohl Ethel wie Julius Rosenberg in einer generalstabsmäßig unternommenen Verschwörung für etwas beschuldigten, anklagten und auf den elektrischen Stuhl verurteilten, das sie selbst auf ihren Schreibtischen gestrickt hatten und mit dem die Rosenbergs nichts zu tun hatten. Und das gilt ohne jeden Abstrich ebenso für die wissentlich falsche Anklage gegen Julius Rosenberg, angeblich eine Skizze der Hiroshimabombe und wissenschaftlich-technische Erläuterungen in die Sowjetunion geschmuggelt zu haben. Die unrühmliche Rolle David Greenglass‘ (der als „Mitverschwörer“ ebenfalls verurteilt, aufgrund seiner Kooperation als Hauptbelastungszeuge allerdings wegen „mildernder Umstände“ nur zu 15 Jahren verurteilt wurde, von denen er etwas mehr als 10 Jahre absitzen musste bevor er unter falschem Namen in New York weiterlebte) nimmt kein Jota von der Blutschuld der US-Behörden: Der Fall der Rosenbergs war ein infamer Justizmord und gilt bis heute zu Recht als einer der größten Justizskandale der USA. Und ausschlaggebend war schlicht und einzig, dass sie KommunistInnen waren.

Maximilian Scheer setzte ihnen bereits 1954 mit dem Roman „Ethel und Julius“ ein literarisches Denkmal. Howard Fast widmete ihnen im selben Jahr mit „Silas Timberman“ ein Andenken, das das geschaffene Klima, die von Hysterie geprägte „Spionage“atmosphäre, die Hexenjagden gegen KommunistInnen und in einem fort „entdeckten“ Agenten geradezu handgreiflich werden lässt.

Die justizielle Verfolgung und Inhaftierung der Führer der KP der USA: Gus Hall 1951

Weniger prominent im Gedächtnis und freilich auch nicht im direkten Zeichen des Schafotts, saß parallel zu den Rosenbergs auch das Who ist Who der KP der USA in US-Bundesstrafanstalten ein.  Zunächst war im Sommer 1947 bereits der Generalsekretär der Kommunistischen Partei der USA, Eugene Dennis, wegen „Missachtung des Kongress“ im Zusammenhangvon McCarthys „Komitee des Repräsentantenhauses zur Untersuchung unamerikanische Tätigkeiten“ oder „unamerikanischen Verhaltens“ (HUAC, House Un-American Activities Committee)zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden. Im Juli 1948, wenige Tage vor ihrem XIV. Parteitag, wurden dann 12 führende Mitglieder des Nationalkomitees der CPUSA verhaftet. Darunter der bereits schwer herzkranke Vorsitzende der KP der USA William Z. Foster, sowie Gus Hall (geboren als Arvo Gus Halberg, später seinen Namen verkürzend), der unermüdliche gewerkschaftliche Motor und Kämpfer sowie kommissarische Generalsekretär der Partei. Ihm und drei anderen gelang es allerdings, sich der Inhaftierung noch durch Flucht zu entziehen. Hall wurde jedoch später, im Oktober 1951, in Mexico City entdeckt, und vom FBI, das in Mexiko gar keine Amtsbefugnis hatte, entführt und illegal über die mexikanische Grenze in die USA verbracht. Aufgrund seiner Entziehung erhöhte das Gericht die 5-jährige Haftstrafe um zusätzliche 3 Jahre, die er dann im Bundesgefängnis Leavenworth, einem Hochsicherheitsgefängnis in Kansas, verbüßte.

Vorangegangen war dem Urteilsspruch ein im Jänner 1949 begonnener über 9-monatiger Schauprozess gegen die 11 Mitglieder des Nationalkomitees der CPUSA – unter ihnen auch Eugene Dennis, Ben Davis und Henry Winston – vor dem Bundesgericht am New Yorker Foley Square. Das Verfahren gegen den schwerkranken William Foster wurde abgetrennt. Die einer angeblichen „Verschwörung zum gewaltsamen Sturz der Regierung“ bezichtigten KP-Führer (die in den nahezu 30 Jahren des Bestehens der Partei ihre Ansichten in jeder ihnen möglichen Form öffentlich publik gemacht hatten: in ihrer Zeitung „Daily Worker“, in Zeitschriften, Büchern, durch Vorträge, auf Gewerkschaftsversammlungen oder im Freien auf der Straße) wurden per in der Anklageschrift bereits vorformulierten Urteil auf Basis der vom FBI geführten Ermittlungen und falscher Zeugenaussagen allesamt verurteilt.

Nach Urteilsfällung berichtete im März 1950 dann die „New York Post“, dass von J. Edgar Hoovers Apparat nun gegen weitere 12.000 Mitglieder der KP der USA Prozesse angestrengt werden und in Vorbereitung sind. Kurz darauf heizte der berüchtigte FBI-Direktor die von Washington gesteuerte Hexenjagd nochmals mit der Erklärung an, in den Karteien der Bundesagentenseien bereits 55.000 „kommunistische Landesverräter“ erfasst.

Die Grundlage der Kommunistenjagd fußte unter anderem auf der vom rechtskonservativen Südstaatler-Demokraten, US-Präsident Harry S. Truman 1947 erlassenen „Loyalitätsorder“ zur Überprüfung der Gesinnungstreue von Staatsbediensteten und bestimmten Kategorien der Arbeiterschaft in der Rüstungsindustrie. Sprich: zur Säuberung des Staatsapparats und der Rüstungsindustrie von sämtlichen Personen linken Gedankenguts. Noch weiter in der von den reaktionärsten Fraktionen regelrecht vorangepeitschten Strategie zur „Liquidierung der Roten“ ging der „McCarran-Act“ des Kongresses zur „inneren Sicherheit“ 1950 (gegen den sogar Truman sein Veto eingelegt hatte), der den Boden für Verfolgungen und „Säuberungen“ aller Art ebnete. Er bestimmte – die Verfassung und US-Demokratie untergrabend – die Registrierung von KommunistInnen und Mitgliedern von Organisationen, die als angeblich kommunistisch beeinflusst galten. Dieser Personenkreis sollte den Vorstellungen Senator Patrick McCarran zudem im Falle eines seitens des Präsidenten verkündeten Notstands ebenso ohne weiteres interniert werden können. Zur Ausführung dieses ursprünglichen Plans eines parallelen Systems an Internierungslagern kam es indes nicht.

Die unmittelbar Ära der als McCarthyismus in die Geschichte der Vereinigten Staateneingegangene Periode der regelrechten antikommunistischen Hysterie, die bis ins paranoid-faschistische ging, schlug erst, als im ersten Amtsjahr von Präsident Dwight. D. Eisenhower 1953 selbst dessen Amtsvorgänger, der bisherige, stramm antikommunistische Ex-Präsident Harry S. Truman vor das HUAC geladen wurde und zudem auch eine Reihe hochrangige US-Militärs ins Visier des Inquisitionsausschusses gerieten.Truman verweigerte sein Erscheinen und bezeichnete das HUAC als „fürchterlichen Krebsschaden“ der „an den Eingeweiden Amerikas (frisst)“. Auch dem US-Senat wurde sein Großinquisitor Joseph McCarthy zunehmend suspekt. 1954 musste er schließlich seinen Posten räumen.Bis dahin waren vom FBI über 6,6 Millionen US-Bürger – Linke, GewerkschafterInnen, WissenschafterInnen, Kulturschaffende, namhafte Persönlichkeiten aus allen Bereichen, das gesamte liberale und fortschrittliche Lager, einschließlich des linken Flügels der Demokratischen Partei, Friedenskräfte u.v.m. – auf ihre „Zuverlässigkeit“ überprüft worden. Tausende Staatsbedienstete und zig Tausende einfache Beschäftigte wurden aufgrund der Gesinnungsüberprüfung aus dem Staatsdienst entlassen und aus den Betrieben geworfen. Eine noch höhere Anzahl an US-Bürgern büßte allein durch die Vorladung zu den öffentlichen Anhörungen in diesem Klima der Hatz, der Hysterie und der Paranoia ihr Ansehen ein. Abertausende weitere US-Bürger wanderten aufgrund von Aussageverweigerungen (die als Geständnis bzw. Grund zu Beugehaft mit einem faktischen Strafrahmen von bis zu 8 Jahren galten) in Haft. Einen ersten Namen im US-Establishment als Führer „schwarzer Listen“ und Oberdenunziant in Hollywood machte sich in diesen Jahren jedoch der Darsteller, Seifenpulver-Werbestar und spätere Präsident Ronald Reagan. Hollywood betreffend machte sich zur Kommunistenjagd insbesondere der Film „Cherie Bitter – So wie wir waren“ mit Barbara Streisand und Robert Redford 1973 verdient. Eindringlich hierzu aber etwa auch der Film „Schuldig bei Verdacht“ von 1991 mit Robert De Niro. 2005 wagte sich mit „Good Night, and Good Luck” auch George Clooney an eine sehenswerte Aufarbeitung der McCarthy Ära.

Von Angela Davis 1970 zu Mumia Abu-Jamal 1981

Lenin äußerte einmal, „dass Zeiten radikaler Veränderungen und sozialer Konflikte ungewöhnliche Persönlichkeiten hervorbringen.“ Und als eine solche außergewöhnliche Persönlichkeit würdigte die kommunistische Bewegung Anfang der 1970er Jahre rund um den Globus Angela Davis, die „schwarze Bürgerrechtskämpferin und Kommunistin, die mehrere außergewöhnliche Gaben in ihrer Persönlichkeit vereinigt: hervorragenden Intellekt, großen persönlichen Mut und ein brennendes Herz für die Unterdrückten.“

Durch eine politische, polizeiliche und gerichtliche Intrige inhaftiert, sollte an ihr ein Exempel statuiert und von Neuem die ArbeiterInnenbewegung wie auch die schwarze Befreiungsbewegung der USA eingeschüchtert und paralysiert werden. Vermittels des Vorwurfs der „Unterstützung des Terrorismus“ zog die amerikanische Rachejustiz gegen Angela Davis und den von ihr repräsentierten Befreiungskampf mit aller Brachialität zu Felde und steckte sie in die Todeskammer eines Kalifornischen Gefängnisses, um ihren Prozess zu erwarten. Weltweit entwickelte sich daraufhin eine Welle des öffentlichen Protests gegen diesen hinterhältigen, ungeheuren Staatsterror. Nach zwei Jahren Haft wurde Davis am 4. Juni 1972 dann in allen Punkten der Anklage freigesprochen.

Da der Fall Angela Davis‘ den meisten ohnehin noch besser bekannt oder zumindest gewahr ist als jene ausgeführten davor liegenden (hinsichtlich derer wir gleichfalls schon zu mannigfaltigen Abstrichen gezwungen waren), gehen wir auf ihn hier nicht mehr detaillierter ein. Die internationalen Solidaritätskampagnen für ihre dann miterwirkte Freilassung sind legendär. Man denke nur an die Kampagne „Eine Million Rosen für Angela Davis“.

Und wiewohl das erschütternde Foto des Abschiedskusses der Rosenbergs kurz vor ihrer Hinrichtung am elektrischen Stuhl, eine letzte Umarmung in Handschellen, im Hintergrund die Gitter der Todeszelle, vielleicht das Symbolbild für die US-Klassenjustiz schlechthin bildet: Die Intrige gegen Angela Davis weist ihrerseits wiederum wie durch ein Brennglas auf die ungebrochen fortwirkende Kette der politischen Justizverbrechen der USA, die schon vor McCarthy eine lange, blutige Tradition hatte, und auch nach McCarthy ihre Fortsetzung fand und findet. Ihr heute prominentestes, linke politische Justizopfer ist sicher Mumia Abu-Jamal.

Die Analogien in den Lebenswegen zum heute prominentesten linken Opfer der US-Klassen- und Rassenjustiz springen auch ohne weitere Worte und eingedenk ihrer unterschiedlichen genauen politischen Verortung und Lebensentwicklungen, geradezu ins Auge. Und wie einst die AktivistInnen der Black Panther für die Freiheit Angela Davis‘ mit im Feuer standen, findet man umgekehrt Angela Davis seit Dekaden an der vordersten Front im Kampf um die Freilassung Mumia Abu-Jamals.

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