Dammbruch: EU-Parlament überschreitet Schwelle zur apokalyptischen Gemeingefährlichkeit

Während selbst Washington (noch) zögert, den Einsatz westlicher Waffen für Angriffe auf Russland und Ziele im tiefen russischen Hinterland zu genehmigen, hat das EU-Parlament am Donnerstag eine Resolution zum ultimativen großen Krieg des Westens gegen Moskau beschlossen – und damit die Schwelle der Gemeingefährlichkeit überschritten.

Schon im Juli verabschiedete das EU-Parlament eine Resolution „zur Unterstützung der Ukraine“, die – übrigens mit großer Mehrheit auch der Abgeordneten des nominell neutralen Österreichs – eine kompromisslose Ausrichtung der EU auf die Weiterführung des Krieges bis ‚zum letzten Ukrainer‘ festgelegt (wie der bekannte Spitzen-Politologe des US-Establishment John Mearsheimer den zynischen westlichen Weltordnungs- und Stellvertreterkriegs anstatt einer Orientierung auf eine Verhandlungslösung schon vor langem charakterisierte.)

In der nun neuen Resolution wird gleich zu Anfang bekräftigt, die Ukraine „bis zum Sieg“ über Russland „in jeder möglichen Weise“ – sprich: insbesondere militärisch und finanziell – zu unterstützen. Dazu sollen zum einen die Waffenlieferungen aufgestockt und beschleunigt werden; „insbesondere Lieferungen moderner Luftabwehrsysteme und anderer Waffen und Munition, einschließlich des Marschflugkörpers ›Taurus‹“.

Zum anderen sollen die Sanktionen nochmals erweitert werden. Und die „eingefrorenen staatlichen Vermögenswerten Russlands“, allen voran die russischen Zentralbankreserven, enteignet werden. Dass vor einem solchen „Konfiszieren“ der eingefrorenen Guthaben und „Bruch der internationalen Rechtsordnung“ selbst EZB-Präsidentin Christine Lagarde warnte und für nicht wenige ÖkonomInnen die Gefahr einer globalen Währungs- und Finanzkrise birgt, ist den BellizistInnen im Europaparlament ebenso schnurz, wie der Umstand, dass der immer weiter ausufernde Sanktionsamoklauf zwar mitnichten „Russland zu ruinieren“ vermag (Was ist das eigentlich für ein Ziel?), dafür aber immer stärker die sozialen Lebensbedingungen zahlloser Erwerbstätiger, Familien mit niedrigem und mittlerem Einkommen, TransferleistungsbezieherInnen und PensionistInnen ruiniert und die EU über die Bumerang-Effekte mehr und mehr in eine Industriemuseum verwandelt.

Zudem „bekräftigt [das EU-Parlament] seinen Standpunkt, dass alle EU-Mitgliedstaaten und NATO-Verbündeten gemeinsam und individuell ihre Zusage geben sollten, jährlich mindestens 0,25 % ihres BIP für die militärische Unterstützung der Ukraine aufzuwenden“. Was einer Kalkulation der konservativen Mehrheitsfraktion im EU-Parlament (EPP) einer jährlichen militärische Unterstützung von satten 127 Milliarden entspricht.

Dabei wäre der Ukraine-Krieg (worin selbst arrivierteste Think Tanks, Militärs und Geostrategen der westlichen Hauptstädte übereinstimmen) sowohl vermeidbar gewesen, wie auch nach bereits wenigen Wochen in einen Waffenstillstand und eine Verhandlungslösung überführbar gewesen. Das plauderte, in Übereinstimmung mit den seinerzeitigen Verhandlungsinsidern wie dem ehemalige israelische Premierminister Naftali Bennett oder dem ukrainische Politiker Dawyd Arachamija, unlängst auch die berühmt-berüchtigte ehemalige US-Staatssekretärin und Mit-Architektin der neuen US-amerikanischen Russlandpolitik Victoria Nuland freigiebig aus.

Dem schon bisher wie ein Tsunami durchs politische System fegenden Kriegsrausch nicht genug, brachen im EU-Parlament gerade auch noch die letzten Dämme. In Punkt 8 der Resolution „fordert [das EU-Parlament, mit 425 Ja-Stimmen, 131 Gegenstimmen und 63 Enthaltungen] die Mitgliedstaaten auf, Einschränkungen des Einsatzes westlicher Waffen gegen legitime militärische Ziele im Hoheitsgebiet Russlands unverzüglich aufzuheben.“

Damit hat das EU-Parlament auch offiziell die Grenze der apokalyptischen Gemeingefährlichkeit überschritten. Denn diese Eskalation hieße realiter nicht weniger als das Überschreiten der Schwelle zu einem großen, heißen Krieg, in dessen Fall und an dessen Ende von Europa nicht vielmehr als eine radioaktiv strahlende Ruinenlandschaft übrigbliebe. Brigadegeneral a.D. Helmut Ganser hat recht: dieser neuen, „unfassbare Nonchalance“ des Weltordnungs- und Stellvertreterkriegs um die Ukraine selbst gegenüber einem atomaren Inferno muss Einhalt geboten werden.

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