Bombige Geschäfte: „Zeitenwende“ Kriegswirtschaft und Krieg – gewerkschaftlich klare Kante zeigen

„So haben sich die Zeiten geändert“, konstatierte die SZ zurückliegend zum medienwirksam inszenierten Spatenstich einer neuen Rüstungsschmiede von Rheinmetall (oder mit Wagners Nibelungenlied vielleicht besser „Rheingold“) spöttisch: „Anders als vor dem Krieg in der Ukraine, als sich die Rüstungsindustrie eher versteckte – und von der Politik gemieden wurde. Mied man es bis jüngst tunlichst, sich mit Rüstungskonzernen unter den Linden zu zeigen, zelebriert man heute hingegen eine neue Intimität mit den Waffenschmieden und Rüstungsbaronen. Bombige Zeiten für die Waffenindustrie. Entsprechend explodierte denn auch der Kurs von Rheinmetall-Aktien von 79 Euro Ende 2021 über 530 Euro Mitte 2024 auf über 1.7000 Euro heute regelrecht auf das22-fache.

Rheinmetall ist dabei nicht nur der größte deutsche Rüstungskonzern (noch weit vor Thyssen-Krupp Marine Systems, MBDA, Hensoldt, KNDS oder Heckler&Koch), sondern steht wegen seiner schmutzigen Waffenhandel seit langem zugleich als Symbol der dreckigen Profitlogik der Waffen- und Militärindustrie. Das ficht die aktuelle Börsen-, Umsatz- und Profit-Rallye des Rüstungsgiganten mit weltweit an die 170 Standorte in 33 Ländern – darunter etwa auch Rheinmetall MAN Military Vehicles in Liesing – freilich ebenso wenig an, wie seine enge Symbiose mit dem politischen Personal Deutschlands und Brüssels im Stechschritt auf eine EU-Militärunion und Kriegswirtschaft.

Im Gegenteil, das auf das beispielslose, gerade auf den Weg gebrachte EU-Hochrüstungsdelirium von 800 Mrd. Euro nun nachgeschobene größte Aufrüstungsprogramm der NATO, mit einer Anhebung der Wehretats auf 5% des BIP (3,5% unmittelbar in die Militäretats und zusätzliche 1,5% in weitere Maßnahmen zur Kriegsvorbereitung), wird die kriegswirtschaftliche Zeitenwende noch weiter befeuern, ja förmlich in neue Dimensionen katapultieren.

Aber dieser rüstungsökonomisch wie offensiv kriegspolitische Umbau hat natürlich ebenso wenig bei Rheinmetall oder auch bei den französischen, italienischen oder britischen Premium-Rüstungsschmieden sein Bewenden. Von den US-Rüstungsgiganten erst gar nicht zu sprechen. Auch in der Öffentlichkeit weniger im Licht stehende österreichische Konzerne wie Steyr, Glock, Hirtenberger, FACC, Schiebl, Swarovski etc. oder auch etwa Andritz verdienen an Militärs, Rüstungswirtschaft und am Krieg. Wifo-Chef Gabriel Felbermayr machte im Rüstungs-Boom unlängst auch schon ein neues Geschäftsfeld für die Automobil- und Industrie-Zulieferer aus, und Wifo-Ökonom Friesenbichler sekundierte mit Österreichs Potentialen im Hightech-Bereich und Feldern weiteren Militärequipments.

Und auch wenn Militärinterventionen und Kriege nicht sozusagen schon in einem Selbstlauf aus der Rüstungsproduktion erwachsen, sind beide doch strukturell und unauflöslich miteinander verzahnt. Zumal die gegenwärtige Aufrüstung in der EU auch recht ungeschminkt im Zeichen einer globalen Kriegsvorbereitung vorangetrieben wird.

Der „Krieg“ ist einer berühmten Definition Clausewitz nach „die Fortsetzung der Politik mit den Mitteln der Gewalt“. Er wird bewusst geführt, d.h. geplant und vorbereitet. Und dem liegen handfeste Herrschafts- und Macht- sowie politische, ökonomische oder auch geo- bzw. regionalpolitische Interessen zugrunde. Aber hierfür muss zugleich eine Armee unterhalten, ausgebildet und eben auch aus- und hochgerüstet werden.  

Für eine emanzipatorische Entwicklungs- und Friedensperspektive braucht es folglich neben einer entsprechenden friedenspolitischen wie gewerkschaftlichen Gegenmacht und tiefgreifenden Veränderung der herrschenden Verhältnisse auch der systematischen Rüstungskonversion (der Umstellung auf alternative Produkte und Produktion). Das heißt, um im angezogenen Beispiel zu bleiben: Rheinmetall MAN Military Vehicles muss demilitarisiert werden und (wieder) auf zivile Produktion umstellen.

Dieser notwendige Schritt zu einer nachhaltigen Konversion der Produktion wiederum, beschränkt sich auch nicht „nur“ auf die Rüstungsbranche, sondern ist um der Lebensinteressen der Menschheit willen auch unter ökologischen Aspekten (Stichwort: Klimakrise) unabdingbar.

Natürlich braucht es in diesem notwendigen Transformationskonflikt Konzepte, die gleichzeitig den Arbeits- und Lebensinteressen der Beschäftigten Rechnung tragen und nicht deren soziale Interessen nach Lohn, Brot und Arbeit gegen die notwendigen, fundamentalen Umstellungen der Produktionsweise ausspielen.

Aber gerade MAN Liesing, früher ziviler Ausstatter des öffentlichen Verkehrswesens mit Bussen, weißt diesbezüglich sogar eine ehemals jahrzehntelange und immer wichtiger werdende alternative Produktionsgeschichte auf – die Anknüpfungspunkte für eine fortschrittliche gewerkschaftliche Perspektive bilden.

Foto: CCC41 Wikicommons / CC BY-SA 4.0 / cropped

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