Blau-Schwarz: Neoliberale Sparstift-Politik auf Boden des gemeinsamen rechten Koalitions-Nenners

Einträchtig präsentierten die blau-schwarzen Spitzen gerade ihre Weichenstellung auf massiven Sozialkahlschlag und eine siebenjährige, über die Legislaturperiode hinausreichende Sparstiftpolitik – auf Boden des gemeinsamen rechten Nenners einer Budgetkonsolidierung und in anderen Hauptstädten der EU schon eher rar gewordenen Maastricht-treuen Vorzeigeschülerschaft.

Mit Ausbruch der Corona- und Wirtschaftskrise wurden im März 2020 europaweit die „Maastricht-Kriterien“ (zu Recht) krisenbedingt kurzerhand außer Kraft gesetzt. Die Krise wurde daraufhin – vor allem im Interesse des Kapitals – monetär zugeworfen. Gleichzeitig warf sich mit der weiteren Auftürmung der Staatsschulden sowie der schwarz-grünen Hinterlassenschaft eines eklatanten Budgetdefizits seither und zuletzt nochmals durch Letzteres weiter befeuert die Frage auf, wer dies am Ende zu zahlen haben wird. Denn das bar jeder Gegenfinanzierungsmaßnahme produzierte Budgetdefizit und die Expansion der Verschuldung entschärften unmittelbar zwar den damit im Raum stehenden Verteilungskonflikt bzw. konnten diesen sozusagen vorübergehend überbrücken, aber lediglich um ihn mit dem Wieder-in-Geltung-Treten der „Maastricht-Kriterien“ umso schärfer aufs Tableau zu bringen. Und an genau diesem Punkt stehen wir nun.

Dem neoliberalen Credo entsprechend – freilich schon der Zuckerl-Koalitionäre, von den willfährigen Vollstreckern des Kapitals in Blau-Schwarz jedoch nochmals verschärft –, kommt ein Kurswechsel zu einer alternativen Budgetpolitik, gar eine Konfrontation mit den „Maastricht-Kriterien“ natürlich nicht in Frage. Letztere, gerne auch in einen vermeintlichen „Wachtsums- und Stabilitätspakt“ umgemünzt (obschon seit jeher unergründlich ist, was die „Maastrichtisierung“ Europas mit Stabilität und insbesondere Wachstum zu tun hat), gelten dem politischen System quer durch alle Couleurs zwischenzeitlich als unantastbarer Gral. Und bilden zusammen mit dem Dogma der sogenannten „ausgabenseitigen Budgetkonsolidierung“ den basalen gemeinsamen sozial-reaktionären Nenner der blau-schwarzen Budgetkonsolidierung. Mit diesem sind nun auch alle „einnahmenseitigen Stellschrauben“ aus Vermögen und Profiten mit harscher Hand vom Tisch gefegt.

Mit der „Maastrichtisierung“ Österreichs, samt nachgeschobenen „Stabilitätspakt“ als Eintrittskarte, gingen denn auch tiefgehende nationale wirtschafts-, konjunktur- und beschäftigungspolitische Kompetenzwegfälle einher, die den Neoliberalismus gleichsam zum supranational verfestigten Staatsgrundgesetz erhob. Dass man aktuell dazu noch verbliebene steuerpolitische Spielräume in die neoliberale Abstellkammer versperrt, ist dann freilich noch das beredete i-Tüpfelchen.

Die parallel vorherrschende, auch naive gewerkschaftliche Sichtweise einer gesellschaftspolitisch neutralen Währungsunion, wiederum, verkennt die strukturellen Zwänge die vom Euro ausgehen. Die Währungsunion bzw. der Euro markieren nicht bloß eine Währungsumwandlung, sondern schlagen ihren Teilnehmern drei der vier zentralen makroökonomischen Regulierungen aus der Hand: die Wechselkurspolitik, die Zinspolitik und (über die Maastricht-Kriterien, den Fiskalpakt etc.) eben auch die Budgetpolitik (verschärft noch um die im Euro-Kontext in die Verfassung geschraubte blödsinnige nationale „Schuldenbremse“ und den neuen österreichischen Stabilitätspakt).

Die wirtschaftspolitischen Regulierungsinstrumente und makroökonomischen Anpassungen im Euroraum und in Österreich verlagern sich daher vorrangig auf die Lohnpolitik und jene Politikbereiche, die die Lohnpolitik mittelbar beeinflussen, allem voran die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. Wenn heute in der EU allerorten Lohnflexibilität und Lohnsenkungen sowie ein genereller massiver Rückbau des Sozialstaats eingefordert werden (im euphemistischen Wirtschaftssprech „innere Abwertung“ genannt), ist das nicht zuletzt eine direkte Folge der Maastrichter Währungsunion und ihrer Konstruktion.

Dass die blau-schwarzen Chef-Koalitions-Verhandler, um ein EU-Defizitverfahren abzuwenden, das Budgetdefizit über ein drastisches Sparpaket von alleine heuer 6,3 Mrd. Euro „klar“ und „ohne neue Steuern“ unter die Maastricht-Grenze von 3% drücken wollen, zeigt sie als regelrechte Musterschüler Brüssels und Vorzeigeschüler eines radikalisierten Neoliberalismus. Die Reichen, Banken und Konzerne bleiben, wie von Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer und Industriellenvereinigungs-Chef Georg Knill gefordert, ungeschoren. Mehr noch: Ihnen winkt mit der für 2026 im Raum stehenden weiteren Abschmelzung der Gewinnsteuer demgegenüber vielmehr bereits ein neues massives Steuerzuckerl. Entsprechend hat „Volkskanzler“ Kickl andernteils die breite Bevölkerung auf einen Weg der „Zeit, Kraft und Schweiß“ kosten wird eingestellt.

Und ein solcher wird es auch werden, wenn wir keine hinreichende Gegenmacht entwickeln. Denn das veranschlagte Gesamtkonsolidierungsvolumen liegt bei 18 bis 24 Mrd. Euro und der eingeschlagene Konsolidierungspfad reicht mit eingeschlagenen 7 Jahren auch über die Regierungsperiode hinaus. Mit dazu muss die Republik heuer und in den kommenden Jahren eine Reihe zurückliegend noch zu Billigstzinsen aufgenommene Staatskredite zu neuen, höheren Zinssätzen revolvieren (ersetzen, ablösen) – was in der politischen Debatte bisher einfach außen vor gelassen wurde und wird.

Die sich andeutende Streichung des Klimabonus sowie Abschaffung der Bildungskarenz, die angekündigte Umwandlung der bisherigen Nettoersatzrate in ein degressives Arbeitslosengeld und vieles mehr, geben erst einen ersten Vorgeschmack. Man muss indes auch noch nicht durch jede Pfütze gewatet sein um festzustellen dass uns ein Orkan um die Ohren zu blasen beginnt.

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