Wenig Glanz in Swarovskis Kristallwelt

Hinter der glitzernden Fassade des Tiroler Kristallherstellers D. Swarovski KG entpuppt sich auch dieses Unternehmen als beinharter, auf Profitmaximierung und Arbeiterausbeutung orientierter kapitalistischer Konzern.Swarovsky_Lizenz CC BY-SA 3.0,wikipedia-klein

Als solcher beschäftigt er weltweit rund 25.000 Arbeiter und Angestellte und erzielt einen jährlichen Umsatz von ca. 3 Milliarden Euro. Schon seit Beginn der Krise und insbesondere seit 2009 wurde die Produktionsverlagerung aus dem Unterinntal nach Indien und China forciert. 2011 wurde  begonnen, um 15 Millionen Euro ein neues Werk im serbischen Subotica zu errichten, das seit Januar dieses Jahres in Betrieb ist. Für den Standort Wattens, wo noch an die 5.000 Menschen arbeiten, bedeutet das den weiteren kontinuierlichen Stellenabbau. Seit Ende 2007 wurden bereits über mehrere Kündigungswellen hinweg annähernd 2.000 Beschäftigte auf die Straße gesetzt, bis Ende 2014  weitere 200, wovon v.a. Frauen und Leiharbeiter betroffen sind. Da das Werk in Serbien erst 2016 in Vollbetrieb geht, ist die Fortsetzung dieser Entwicklung absehbar. Jeder kann sich ausrechnen, was dies für Wattens und die gesamten Bezirke Innsbruck-Land und Innsbruck-Stadt heißt. Gut möglich, dass früher oder später in Wattens tatsächlich nicht viel mehr bleibt als die administrative und repräsentative Konzernzentrale.
Der Hintergrund einer solchen Entwicklung ist der kapitalistischen Internationalisierung geschuldet, die den Produktionsprozess erfasst. Unternehmen verlagern die Produktion weg aus Österreich, hin in Länder, wo das Lohnniveau niedriger ist, Sozial- und Umweltstandards geringer sind und außerdem optimale Konditionen seitens der jeweiligen Regierung angeboten werden, inklusive großzügiger Subventionen oder Steuernachlässen. Die „teuren“ ursprünglichen Standorte in Österreich (oder anderen westeuropäischen Ländern) werden schrittweise heruntergefahren und schließlich geschlossen – für diese Vorgehensweise können die Beispiele Semperit oder Austria Tabak genannt werden. Die „Standortlogik“ beruht auf der Jagd der Konzerne nach der billigsten Arbeitskraft, die selbstredend auch den größten Profit einbringt.
Diese Jagd kennt noch eine Komponente, die an jedem Standort – auch in Österreich – zur Anwendung kommt: die Leiharbeit („Arbeitskräfteüberlassung“), nichts anderes als moderne Sklaverei. Leiharbeiter ersetzen zunehmend Arbeiter in regulären Beschäftigungsverhältnissen, denn sie können flexibler eingesetzt (und auch wieder abgebaut), sie können geringer entlohnt und schlechter abgesichert und zum Aufbau einer Konkurrenzsituation gegenüber der regulären Belegschaft missbraucht werden. Sie sind ein Druckmittel der Unternehmen in Richtung Lohndumping, Arbeits- und Existenzdruck, Entsolidarisierung und Desorganisierung der Arbeiterschaft. Es handelt sich um Klassenkampf „von oben“.
Natürlich macht Swarovski da auch mit. Annähernd 10% der im Werk Wattens tätigen Menschen sind Leiharbeiter, die Swarovski vom niederländischen Leiharbeitskonzern Randstad – dem weltweit zweitgrößten Unternehmen dieser Art – bezieht. Doch nicht genug mit dieser Prekarisierung, selbst diese Leiharbeiter wurden nochmals geprellt. In den letzten drei Jahren wurden den Swarovski-Leiharbeitern Akkord- und Leistungsprämien im Ausmaß von bis zu 600 Euro pro Monat gesetzwidrig vorenthalten. Nachdem dies medial aufgedeckt wurde, einigte sich die Gewerkschaft PRO-GE mit den Verantwortlichen auf eine Art Kompromiss, bei dem individuell 250-350 Euro nachgezahlt werden sollen. Die Verantwortlichen, das sind freilich jene von Randstad, während Swarovski, der Nutznießer der Dumpingarbeit, seine Hände in Unschuld waschen kann – noch ein Vorteil der Leiharbeit.
Es liegt auf der Hand, was Arbeiter und Angestellte der „Standortlogik“ und dem Leiharbeitssystem entgegenzusetzen haben: Kampfmaßnahmen und Solidarität, denn von der Gewerkschaftsführung sind nur faule „Sozialpartner“-Kompromisse, von der SPÖ nur aufschiebende Standortsubventionen zu erwarten. Es braucht Solidarität zwischen Stammbelegschaft und Betroffenen der Leiharbeit, damit letztere abgeschafft und in reguläre Verhältnisse umgewandelt wird. Es braucht internationale Solidarität zwischen österreichischen und osteuropäischen Arbeitern, damit dort höhere Standards durchgesetzt werden. Und es braucht Klassenkampf von unten, um dies – und mehr – zu erreichen.

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