Ereignisreiche Vollversammlung der Wiener Arbeiterkammer

Wiener ArbeiterInnenparlament spricht sich in seiner 152 Vollversammlung (23.11.2009) für Umverteilung und gegen Rechtsextremismus aus. Solidaritätserklärung an die protestierenden StudentInnen beschlossen.
Tumpel: Es wird schon wieder gezockt
„Wenn schon eine Verteilungsdiskussion, dann aber umfassend und mit offenen Karten“, forderte AK Präsident Herbert Tumpel in der Vollversammlung der AK Wien am 3. November. „Es muss klar gezeigt werden, wie die Steuern, das Einkommen und das Vermögen verteilt sind. Wenn über Transferleistungen geredet wird, dann aber auch über Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln an Gruppierung wie etwa Wirtschaft oder Bauern.“ Scharf kritisierte Tumpel: „Es wird schon wieder drauf los gezockt – und das mit staatlichen Garantien und Haftungen. Das ist ein unzumutbarer Zustand, nicht nur weil Steuergelder eingesetzt werden, sondern auch weil sich bereits die nächste Blase abzeichnet.“
Umverteilung, aber richtig
Die Debatten in der AK-Vollversammlung waren sehr stark von den Themen Krise und Verteilungsgerechtigkeit geprägt. Auf scharfe Kritik (mit Ausnahme natürlich der ÖAAB-Fraktion) stieß die Idee von Finanzminister Pröll, ein Transferkonto für Sozialleistungen einzuführen.
Als die größten Nutzniesser staatlicher Leistungen seien die Banken, die Konzerne, die Großbauern und Großgrundbesitzer anzusehen, sagte KOMintern-AK-Rat Otto Bruckner in der Debatte, und ein „Vergleich würde für diese Stammklientel der ÖVP nicht gut ausgehen“. Aber, so Bruckner weiter, die Beiträge und auch Steuern würden zum größten Teil von den arbeitenden Menschen aufgebracht, und diese hätten auch ein Recht auf die Leistungen.
AK-Vizepräsidentin Dwora Stein sprach sich für eine Verteilungsdebatte aus, „aber in die richtige Richtung: Besteuerung der großen Vermögen.“
Solidarität mit den StudentInnenprotesten
In einem gemeinsamen Dringlichkeitsantrag sprachen alle Fraktionen mit Ausnahme der Freiheitlichen und des ÖAAB ihre Solidarität mit den Studierenden aus: „Der freie Universitätszugang sowie eine volle Finanzierung der Universitäten sind berechtigte Forderungen der StudentInnen. Ebenso spricht sich die Vollversammlung der AK Wien gegen die Wiedereinführung der Studiengebühren und sonstiger Zugangsbeschränkungen aus.“
Gegen rechte Hetze
Für heftige Diskussionen sorgte das Thema Integration. Ein AK-Rat der Freiheitlichen (FA) – im Brotberuf bei der FP-Parteizeitung NFZ beschäftigt – meinte sinngemäss, frühere Regierungen (namentlich die Ära Kreisky) hätten Gastarbeiter ins Land geholt, und verabsäumt, sie wieder zurückzuschicken. Eine heftige Replik vom SP-AK-Rat Willi Mernyi sorgte dafür, dass die FA geschlossen die Vollversammlung verließ.
Dabei hatte Mernyi nur aus Homepages und Pamphleten von heutigen und früheren FP-Politikern zitiert, die in Stil und Sprache bedenklich sind.
„Wir haben Gastarbeiter geholt, und Menschen sind gekommen“ zitierte Otto Bruckner den Schweizer Schriftsteller Max Frisch. Tatsächlich sei die Stadt Wien traditionell ein Ort der Zuwanderung, ein Blick ins Telefonbuch genüge, um das festzustellen. „Ethnische Trennungen sind im Interesse des Kapitals“ sagte Bruckner, „unsere Antwort aber ist Solidarität, gleiche Rechte für alle“. Das Kapital profitiere davon, wenn die arbeitenden Mensichen sich spalten und aufhetzen liessen, so komme es zu Dumpinglöhnen, Lohndruck und Schwarzarbeit. Im übrigen gebe es genug Studien, die belegen, dass die MigrantInnen mehr ins Sozialsystem einbringen würden, als sie von diesem in Anspruch nehmen könnten.
Verbesserungen für Lehrlinge
Zwei Anträge von KOMintern zur Verbesserung der Situation der Lehrlinge wurden zugewiesen. Darin wird die Wiedereinführung des Kündigungsschutzes und eine Mindest-Lehrlingsentschädigung gefordert. Scharf wandte sich Otto Bruckner gegen die Absicht des ÖAAB, noch mehr Förderungen an Betriebe auszuschütten, die Lehrlinge ausbilden (dieser Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt).
Nicht noch mehr Förderungen, sondern finanzielle Beiträge jener Betriebe, die keine Lehrlinge ausbilden seien notwendig, sagte der KOMintern-AK-Rat.
Zukunft Kindergarten
In einem gemeinsamen Antrag aller Fraktionen wird die Bereitstellung von mehr Mitteln, die Einstellung von mehr Personal und die bessere Bezahlung der KindergärtnerInnen gefordert. Ein weitergehender Antrag von KOMintern, der die Forderungen der kürzlich stattgefundenen Demonstration „SOS Kinderbetreuung“ zum Inhalt hat, wurde zugewiesen. (siehe: KOMintern-Antrag angenommen: AK-Wien unterstützt Ziele der Bewegung SOS-Kindergarten)
Internationale Solidarität
Mehrheitlich beschlossen wurden zwei Anträge von KOMintern, die sich für die freie Ausübung der Gewerkschaftsrechte in der Türkei und im Iran einsetzen sowie die Freilassung inhaftierter GewerkschafterInnen fordern.
Wie bereits berichtet sprach sich die Vollversammlung der AK-Wien auch für die Absetzung des 3. Präsidenten des Nationalrates, Martin Graf aus.
Die erwähnten KOMintern-Anträge finden sich im Bereich Downloads.

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