Lohnsteuer: Kritik am ÖGB/AK-Modell

Das ÖGB/AK-Modell hält nicht was es verspricht!Webbanner_Lohnsteuer-runter

Hundertausende Unterschriften und über 5.000 TeilnehmerInnen  bei der österreichweiten Betriebsrätekonferenz „Lohnsteuer runter!“ sind eine gewaltige Zahl und zeigen, zu welchen Mobilisierungen der ÖGB in der Lage wäre. Doch knieweiche Forderungen ohne Durchsetzungsstrategie werden keine unabdingbare, konsequente Umverteilung von oben nach unten erbringen.

Mangelnde Gegenfinanzierung

* Das ganze Modell hat zunächst mehr den Charakter eines vorweggenommen „sozialpartner“schaftlichen Kompromisses, wie er normalerweise erst am Ende zäher Auseinandersetzungen stehen mag. Anstatt klaren Finanzierungsforderungen, die die Reichen, die Millionäre und Milliardäre sowie Finanz-Rentiers zur Kasse bitten begehen ÖGB & AK so schon im Vorfeld den Kniefall einer „sozialparnter“schaftlichen Mixtur einer „ausgewogenen Gegenfinanzierung“.
* Ein weiterer Preis dieser zugleich stark Kanzler-zentrierten politischen Orientierung ist das Vage-bleiben des Papiers ohne näher konkretisierte Forderungen. So etwa spielt das bis vor kurzem massiv eingebrachte – vom SPÖ-Modell abweichende –  ÖGB-Vermögenssteuermodell kaum mehr eine Rolle, um der SPÖ und ihrer Reagierungskoalition breiten Spielraum zu gewähren.

Tatsächliche Entlastung sieht anders aus!

Die Senkung des Eingangssteuersatzes auf 25% ist unumgänglich. Und zwar mit 1.1. 2015!
* Keinesfalls tragbar ist allerdings, dass man – wie überraschend im ÖGB/AK-Modell formuliert –  bereits ab einem Brutto-Monatseinkommen von 2.000,- Euro schon wieder in die nächsthöhere und mit 9% am steilsten ansteigende Steuerstufe von 34% hin-einwächst. Damit würde für weite Bereiche der Beschäftigten und FacharbeiterInnen annähernd die gegenwärtige „Grenzabgabenquote“ zementiert und von jeder hinkünftigen Lohnerhöhung im Grunde genau so viel abgezogen wie bisher!
* Gänzlich untragbar ist darüber hinaus die demgegenüber besondere Begünstigung der höheren und Höchst-Einkommen durch das erneute Hinaufschrauben des Greifens des Spitzensteuersatzes von 50% ab einem Einkommen von 80.000 Euro anstatt bisherigen 60.000 (zumal die Höchsteinkommen zudem schon durch die Steuerstufen hindurch auch so bereits kräftig profitieren).
Damit würde etwa einem Beschäftigtem mit dem vom ÖGB geforderten Mindestlohn von 1.500,- Euro nach diesem Modell lediglich eine steuerliche Entlastung von 534,- Euro zugutekommen, währen einem Beschäftigten mit vierfachem Einkommen von 6.000,- Euro (also dem bisherigen Spitzensteuersatz) eine rund fünfmal so hohe Entlastung in der Höhe von 2.600,- Euro einstreift.

Entlastung der Nicht-Lohnsteuerpflichtigen völlig unzureichend!

Gleich den von uns bereits im Vorfeld vorgeschlagenen Anhebungen der Arbeitnehmer- und Verkehrsabsetzbeträge wie der Negativsteuer, setzt auch das ÖGB/AK-Modell zur Einkommenserhöhung der Nicht-Lohnsteuerpflichtigen an diesen Hebeln an. Aber viel zu gering! Und es bleibt weit hinter dem Möglichen und Nötigen zurück.
* Vor allem was die beiden ersteren anbelangt: Die Anhebung des Arbeiternehmer- und Verkehrsabsetzbetrags auf insgesamt 450,-, reduziert sich so auf eine Erhöhung um 105,- (8,75 pro Monat) – wohingegen deren von uns geforderte Aufstockung auf je 500,- eine Anhebung um 655,- (54,60 pro Monat) ergibt.
* Zu begrüßen ist hingegen die Bewegung im Bereich der  Negativsteuer sowie die Forderung nach deren automatischer Ausbezahlung.
* Dass ÖGB&AK allerdings den Alleinerzieher(Innen)absetzbetrag aussparen, ist, gerade für ein Gros der geringverdienenden, teilzeitarbeitenden Alleinerzieherinnen, frauenpolitisch ein Schlag ins Gesicht.

Keine Abschaffung der kalten Progression?

Anstatt wie KOMintern für eine vollständige Abschaffung der kalten Progression (durch Inflationsanpassung) einzutreten, fordern ÖGB&AK lediglich deren „Eindämmung“ (via nebuloser „entsprechender politische Maßnahmen durch die Bundesregierung“) wenn die Teuerung seit der letzten Anpassung 5% erreicht hat (unter Ausblendung der Mitanpassung der Absetzbeträge und Negativsteuer).

Kampfperspektive?

Die ultimative gewerkschaftspolitische Selbstaufgabe liegt – jenseits ihres schwachbrüstigen Gehalts – allerdings darin, die größte ÖGB-Kampagne seit Jahrzehnten nicht konsequent und kämpferisch auszutragen, sondern in einer Petitionsüberreichung mit der Hauptlosung „Jetzt liegt´s an der Regierung“ (!) (ver-)enden zu lassen.

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